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Der Gesprächszyklus, um Probleme mit Mitarbeiter_innen zu klären

Der Gesprächszyklus besteht aus 5 Gesprächen bzw. Gesprächs-Phasen.

  1. Erwartungs-Gespräche.
  2. Klärungs-Gespräche.
  3. Vereinbarungs-Gespräche.
  4. Nachfass-Gespräche.
  5. Abschluss-Gespräche.

In diesem Beitrag geht es um Phase 2.

 

Schritt 2: Erwartungen sind klar, trotzdem klappt es nicht: Was tun? Ein Klärungsgespräch führen.

In diesem Fall ist ein explorierendes Klärungsgespräch sinnvoll. In einer aggressionsfreien Stimmung sollte geklärt werden, was die Ursachen des Problems sind.  Das Problem wird von der Führungskraft angesprochen und der Mitarbeiter wird gefragt,  was der Grund des problematischen Verhaltens ist. Warum wird der gleiche Fehler immer und  immer wieder gemacht? Warum werden die Arbeiten nicht rechtzeitig fertig? …

Dabei ist nicht mit der Bagger-Methode (caterpillar method) vorzugehen, um die Ursachen für bestimmte Verhaltensweisen ‚auszugraben‘ und Hindernisse beiseite zu räumen, sondern eher nach der ‚Pinsel-Methode‚ der Archäologie. Man kann durch ungeschicktes, grobes Vorgehen mehr zerstören und zuschütten, als man zu entdecken vermag.

Nachdem sie das Problem angesprochen hat, begibt sich die Führungskraft in einen aufnehmend, erforschenden Modus und versucht die Erklärungen des Gegenübers zu verstehen. Ein gewisses Maß an Empathie ist hier hilfreich. Im besten Fall versucht die Führungskraft, sich in die „Schuhe des Anderen“ zu stellen, die Situation aus seiner / ihrer Sicht zu verstehen. Verstehendes Nachfragen ist erlaubt / erwünscht, nicht jedoch Argumentieren und Werten. („Das gibt es nicht weil, …“, „Das kann nicht stimmen“, „das ist eine Ausrede“ …), schon gar nicht abwerten: „Sie sagen das ja nur als Ausrede für ihre Fehler.“ Auch Verhöre oder in die Enge treibendes Fragen ist nicht sinnvoll, führt nicht zu Verstehen. Der Motivforscher Ernest Dichter nannte dies das Gespräch an der „langen Leine“. Nicht die kurze Leine, das ‚wissende‘,  in die Enge Treiben des Kommissars Derreck sondern das Nicht-Wissende ‚Nachfragen an der langen Leine‘ des Kommissars Columbo führt zur Erkenntnis. Falls die Antworten des Gegenübers Ausreden sind, dann fängt er sich selbst mit der langen Leine.1

Keine Stellungnahmen, Berichtigungen, geschlossene (Ja-Nein-)Fragen, Gegenargumente sind in dieser Phase nicht hilfreich, im Gegenteil. Vielmehr soll durch aktives Zuhören und sanftes Nachfragen (in der Logik des anderen)  ein Bild über die Situation des anderen aus seiner Perspektive gewonnen werden.

Die Führungskraft sollte auch längere Gesprächspausen aushalten können. So ein Gespräch kann auch zur Selbstreflexion des Gegenübers führen. „Ich war mit dieser Tatsache gar nicht bewusst“ es ist mir erst durch das Gespräch bewusst geworden.2

Wichtig ist, bei der Klärung der Ursachen im Gespräch das gesamte Spektrum der Verhaltensursachen auszuleuchten. Die Verhaltensformel von Lewin, die Verhaltens-Determinanten von Lutz von Rosenstiel helfen bei einer systematischen Vorgangsweise. Die Attributionstheorie hilft, fundamentale Fehler der Ursachen-Zuschreibung zu vermeiden. Eine ’systemisch-konstruktivistische‘ Einstellung hilft, das Verhalten der Mitarbeiter*in ins gesamte soziale System einzuordnen.

Das Ende dieser Phase des Klärungs-Gesprächs sollte eine kurze Zusammenfassung der Führungskraft sein, z. B.: „Habe ich Sie richtig verstanden: Ihre Verspätungen kommen dadurch zustande, dass Ihre Frau jetzt wieder berufstätig ist und Sie ihr Kind in den Kindergarten bringen müssen. Dadurch …“ Antwortet die Mitarbeiter*in mit „ja“, so haben Sie Ihr Ziel erreicht.

Dieses Führungstool „explorierendes Klärungs-Gespräch“ ist vom Grundsatz sehr einfach, von der psychischen Belastung manchmal sehr groß. Viele Führungskräfte halten es kaum aus, bedingungslos zuzuhören und in der Explorationsphase nicht argumentieren zu dürfen.

Viele Führungskräfte vermeiden dieses Gespräch, weil sie meinen, wenn sie den Mitarbeiter verstehen, sie auch mit den Konsequenzen einverstanden sein müssen. Verstehen heißt jedoch nicht: einverstanden sein (vgl. dazu die  „Kommunikationskette von Konrad Lorenz“3)

Fazit: Versuchen Sie die Gründe für das unbefriedigende Verhalten des Mitarbeiters durch ein explorierendes Klärungs-Gespräch zu ergründen.

Querverweise

 

Problemklärung mit Mitarbeiter_innen – der Gesprächszyklus

Zusätzliche Literatur und Links

(Gespräch in der) Motivforschung

Andrea Morawet: Ernest Dichter-Symposium. Ein Motivforscher als „Kristallisationsort der Moderne“. Tagungsbericht. Aus: www.hsozkult.de. 2. 12. 2005. https://www.hsozkult.de/conferencereport/id/tagungsberichte-1049.

Gerhard Schwarz: Motivforschung. Aus. gerhardschwarz.eu. https://www.gerhardschwarz.eu/motivforschung/.

Kommunikation

Thomas Bohinc: Kommunikation im Projekt. Schnell, effektiv und ergebnisorientiert informieren. Gabal. 2016 Auch aus: https://www.gabal-verlag.de/media/fs/2/9783869365589_Leseprobe.pdf. (full text).

  1.   Vgl. z. B. Andrea Morawet: Ernest Dichter-Symposium. Gerhard Schwarz: Motivforschung.  
  2.   Vgl. dazu das non-direktive / personen-zentrierte Gespräch von Carl Rogers
  3.   Die originale Kommunikationkette von Konrad Lorenz lautet:

    Gedacht ist nicht gesagt.
    Gesagt ist nicht gehört.
    Gehört ist nicht verstanden.
    Verstanden ist nicht gewollt.
    Gewollt ist nicht gekonnt.
    Gekonnt und gewollt ist nicht getan.
    Getan ist nicht beibehalten.
    Konrad Lorenz, zitiert aus: Thomas Bohinc: Kommunikation im Projekt. S. 12.

    In abgeänderter Form enthält diese Kette auch „Verstanden ist nicht einverstanden“.

    Die Struktur der Kommunikationskette beschreibt Lasswell in seiner „Lasswell-Formel„: „Wer sagt was in welchem Kanal zum wem mit welchem Effekt. (Who says what in which channel to whom with what effect?) vgl. dazu Thomas BohincKommunikation im Projekt. S. 11.  

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