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„Bis Sie das Unbewusste bewusst machen,
wird es Ihr Leben lenken
und Sie werden es Schicksal nennen.“
C. G. Jung1

C. G. Jung, der Vater der Komplex-Theorie

„Du hast ja einen Komplex“ hört man manchmal, wenn über eine andere Person abwertend geurteilt wird – und meint damit meist einen Minderwertigkeits-Komplex. Was versteht man aber allgemein unter Komplexen? Wer hat Komplexe? Gibt es auch positive Komplexe? Wie wirken sie?

Wenn man viel mit anderen Menschen zu tun hat und sie (und sich selbst!) verstehen will, sollte man ein Grundverständnis von Komplexen haben.

Komplexe – Was sie sind und wie sie wirken (Zusammenfassung)

  • „Komplex“ ist ein einzigartiger Begriff der Analytischen Psychologie und Psychotherapie von C. G. Jung. Es gebt jedoch verwandte Begriffe, z. B. „Schema“ in anderen Ansätzen.
  • Komplexe haben wir alle.
  • Es sind psychische Elemente, besser psychische Konglomerate, die latent ins uns stecken und darauf warten, aktiviert zu werden.
  • Werden Komplexe aktiviert, so spricht man von der Konstellation eines Komplexes: „ein Komplex konstelliert sich“.
  • Komplexe sind hoch verhaltenswirksam. Sie ‚übertünchen‘ andere Verhaltens-Impulse.
  • Es gibt positive und negative Komplexe. Meist spricht man jedoch von Komplexen in der negativen, oft sogar krankhaften Ausprägung. „Man fällt in einen Komplex“2, „Man wird von einem Komplex ergriffen“ und verliert damit die Kontrolle über das eigene Verhalten – z. B. wenn man emotional ‚ausrastet.‘
  • Komplexe sind die Speicher unserer Vergangenheit – sie enthalten Erfahrungen / Emotionen unserer unbewältigten Vergangenheit, die Wunden unserer Kindheit, aber auch unseres späteren Lebens. Aber sie können auch positive Erfahrungen beinhalten, z. B. ein positiver Mutter-Komplex.
  • Sie wirken meist unbewusst. Durch Selbst-Beobachtung, Selbst-Reflexion, Selbst-Erfahrung, Therapie-Erfahrungen und ähnliche Methoden können unserer Komplexe bewusst gemacht werden.
  • Je besser wir unsere eigenen Komplexe bewusst werden, sie verstehen und akzeptieren („Es ist, as es ist.“), desto besser können wir auch die Komplexe anderer Personen verstehen und akzeptieren.
  • Komplexe bewirken oft Projektionen und Übertragungen, vor allem, solange sie unbewusst sind. Wir übertragen unsere eigenen psychische Probleme auf Andere.

Komplexe und Schatten

Komplexe befinden sich meist im Schatten, den unbewussten, dunklen Teil unserer Psyche

Wenn wir uns z. B.  sehr über etwas ärgern (z. B. über das Verhalten einer anderen Person) – vor allem, wenn das über das ’normale Maß‘ hinausgeht,  können wir ziemlich sicher davon ausgehen, dass in uns etwas angesprochen / ‚angetriggert‚ wurde, was über die konkrete Situation hinausgeht – ein Komplex. Durch dieses Antriggern eines Komplexes sind unsere Emotionen stärker, als es der jeweiligen Situation entspricht.

Komplexe enthalten oft Schatten-Anteile, Aneile, die nicht bewusst sind, die wir verdrängen, z. B. weil wir uns dieser Anteile in uns schämen, weil sie uns nicht angenehm sind oder weil sie nicht zur Ethik unseres Umfelds passen und andere es kritisieren würden. Durch dieses Schatten-Dasein laden sie sich emotional auf. Wird das Thema des Komplexes mit einem aktuellen Thema oder einer Emotion assoziiert („Es ist wie damals, als …“) so kommt es zu einer Aktivierung / Konstellation des Komplexes.3

Diese Element gehören meist zu unserem  ‚blinden Fleck4 unseres Selbst-Bilds gehört.

Beispiele

Komplexe entstehen durch einen psychischen Verdichtungsprozess, bei dem die  Intensität (die ‚energetische Ladung‘) von mehreren psychischen Elemente (Gedanken, Gefühle, Erinnerungen, Bilder, Vorstellungen, …) zu einer Art Cluster, einer einzigen Vorstellung verdichtet wird.

Beispiel: Mutter-Komplex
Die Mutter. Ein Mutter-Archetyp ist oft im Zentrum des Mutter-Komplexes. Dieser Komplex repräsentiert in einer Person die Erfahrungen mit der eigenen Mutter (bzw.dem ‚Mutter-Raum‘). Er kann emotional positiv oder negativ gestimmt sein, was die eigene Lebens-Qualität wesentlich beeinflusst.

So hat jeder Mensch einen Mutter-Komplex, der positiv für mich ist, wenn er lebensfördernd / lebensbejahend auf mich wirkt oder negativ, wenn er lebenshemmend wirkt.

Der Mutterkomplex spiegelt meine Erfahrungen mit meiner Mutter bzw. auch mit allen anderen Personen, die ich als mütterlich für mich erlebt habe (z. B. Großmutter, Stiefmutter, Tante, …). Man spricht in diesem Sinn von einem ‚Mutter-Raum‚. Habe ich die Erfahrungen mit meinen ‚gefühlten Müttern‘ angenehm erlebt, z. B. nährend, umsorgend, bestätigend, zugehörig, … so existiert in mir ein positiver Mutter-Komplex. Habe ich diese Erfahrungen negativ erlebt (z. B. ablehnend, kalt, verschlingend, …) dann verfüge ich über einen negativen Mutter-Komplex. Die einzelnen Erfahrungen, die ich erlebt und die den Komplex geformt haben, werden „Konflikt-Episoden“ genannt.

Wenn in diesen Erfahrungen archetypisch-symbolische Elemente bzw. Erfahrungen enthalten (‚Mutter-Archetyp‘, ‚die Große Mutter‘), so verstärkt sich die Wirkung des Komplexes. Begegnen mir Menschen, die mich an meine Mütter bzw. meine Mutter-Erfahrungen erinnern (z. B. im Beruf: meine Vorgesetzte), so konstelliert sich dieser Archetyp und wirkt sich auf meine Stimmung und mein Verhalten aus. Dies kann mir mehr oder weniger bewusst sein, vielleicht auch völlig unbewusst.)

Als Führungskraft kann es für die Beziehung zu einzelnen Mitarbeiter*innen entscheidend sein, ob   Mutter- bzw. Vater-Komplex der jeweilige Person positiv oder negativ ausgeprägt ist. Es kann z. B. sein, dass die Beziehung zu einer Mitarbeiter*insich  aufgrund ihres negativen Mutter- oder Vater-Komplexes schwierig gestaltet, unbhängig von den konkreten Führungs-Interaktionen.

Der Ärger, den ich gegenüber einer anderen Person empfinde bzw. ausdrücke, sagt also oft  mehr über mich aus als über den Anderen, über den ich mich ärgere5. Das ist mir meist nicht bewusst, ich denke mir eher „Das ärgert mich, das Verhalten des Anderen ist unakzeptabel, unmoralisch, skandalös, …“)

Weitere Komplex-Beispiele:
  • Ein Mitarbeiter oder ein Partner hat die versprochene Arbeit nicht erledigt und bringt unglaubwürdige Ausreden – ich zucke aus, weil mich die Ausreden empören.
  • Ich bin an der Kassa eines Supermarkts angestellt. Es bildet sich eine lange Schlange. Jemand drängt sich vor, geht an der Schlange entlang, stellt sich vorne hin. Ich stehe in der Schlange und werde laut, beschimpfe den Anderen lauthals, weil ich das Vordrängen als unmoralisch und ungerecht empfinde.
  • Ich stehe am Buffet angestellt, bin der zweite in der Reihe. Da bringt der Kellner eine neue Platte mit einigen saftigen Steaks. Ich liebe Steaks. Die Person vor mir nimmt die Platte und teilt die Steaks an ihrem Tisch auf. Mir bleibt nichts mehr. Ich gerate in Wut, verwende Wörter, die mir normalerweise nicht über die Lippen kommen.
Ärger, Wut und Zorn sagen oft mehr über den Ärgerer als über das Objekt des Ärgers. Heftige Emotionen weisen oft auf einen aktivierten Komplex hin. „Der Komplex hat mich“. Bild: Zornige Physiognomie (Buchillustration 19. Jhd.1800)

In all diesen Beispielen werden Verhaltensweisen angesprochen, die – zumindest auf dem ersten Blick nicht akzeptabel sind. Wenn ein Spur Ärger dabei ist, ist das auch im ‚Normalbereich‘6, aber wenn ich ausraste bzw. emotional überschieße, dann hat es bei mir etwas getroffen, das unverarbeitet in mir existiert, eine alte Wunde, eine alte Verletzung, die im Grunde nichts mit der vorliegenden Situation direkt zu tun hat, sondern vielleicht eine ähnliche Situation aus meiner Kindheit betrifft, die ich in die Gegenwart übertrage.

  • Vielleicht wurde mir als Kind von meinen Eltern manches versprochen, das sie nicht gehalten haben und ich war tief enttäuscht und musste es verdrängen. Und die Wunde wird aktiviert, wenn jemand ein aktuellen Versprechen nicht hält (das er vielleicht aus äußeren Gründen nicht halten konnte.)
  • Vielleicht hat mein kleiner Bruder sich als Kind bei Belohnungen der Eltern vorgedrängt und es wurde von den Eltern akzeptiert. Und jedes Mal, wenn sich jemand vordrängt, werde ich an diese Situation erinnert und die ganze große Enttäuschung  und Wut der Vergangenheit entlädt sich bei aktuellen (kleinen) Anlass, ohne mir dessen bewusst zu sein. Ich wundere mich vielleicht selbst über die Heftigkeit meiner Reaktionen.
  • Vielleicht konnte ich mich im Kindergarten oder in der Schule den Anderen gegenüber nicht durchsetzen und ich bin bei allen Verteilungskämpfen ‚übrig geblieben‘. Außerdem wurde ich beim Völkerball-Spielen immer als einer der letzten gewählt. Das alles hat mein Selbstwert-Gefühl beschädigt. Als Erwachsener habe ich zwar jetzt mehr Selbst-Bewusstsein, aber ich wurde als Erwachsener zu einem Gerechtigkeits-Fanatiker. Und immer wenn ich wahrnehme, dass bei mir oder bei anderen dieses Gerechtigkeitsprinzip (aus meiner Sicht) verletzt wird, werde ich an alte Gefühle der Frustration und Hilflosigkeit erinnert, Ärger wird aktiviert und ich reagiere übermäßig emotional.

Der Komplex als tiefenpsychologisches Konzept

Komplexe zeigen sich in Träumen, Mythen und Märchen oft als Mischwesen zwischen menschlichen und göttlichen oder tierischen Wesen: Sie zeigen sich als Dämonen, (Natur-)Geister, Elfen usw. Sie bedrohen, beschützen oder begleiten die Menschen innerlich. Bild: Incubus (Maler unbekannt, 1870). Ein Incubus ist ein männlicher nachtaktiver Dämon, ein Alb (weiblicher Alb: Succubus)., der bei den Träumenden Albträume verursacht. Diese können auch lustvoll sein. Alben paaren sich mit der schlafenden Frau oder dem schlafenden Mann. In der Traum symbolisieren sie oft nicht akzeptierte sexuelle Triebe und Wünsche.

Im Brockhaus wird Komplex7 – wie er in der Tiefenpsychologie verstanden wird, definiert als

„Gebilde aus Vorstellungen und Gedanken, das mit starken Gefühlen verknüpft und unbewusst ist. … In der Alltagssprache sind Komplexe ein Ausdruck für seelische Probleme schlechthin geworden.“8

Ein anderer Mutterkomplex: Die Mutter mit dem kalten Herzen: Symbolisiert durch die Eiskönigin. Bild aus dem Film „The Huntsman The Ice Queen“.

Die Arbeit mit Komplexen kommt aus der Tiefenpsychologie9,  in der ursprünglichen Neurosenlehre der Psychoanalyse und ihren Weiterentwicklungen, vor allem in der Analytischen Psychologie und Psychotherapie von C. G. Jung.

Unter einem Komplex versteht man10

„… in der Psychoanalyse die Gesamtheit überwiegend unbewusster Phantasien und Ängste, die das bewusste Erleben und Verhalten mehr oder weniger stark beeinträchtigen. Am bekanntesten sind der Ödipuskomplex und der Kastrationskomplex.“11

In der Analytischen Psychologie definiert Verena Kast, eine der führenden Vertreterinnen dieser Disziplin, Komplexe als…:

Gefühlsbetonte Vorstellungskomplexe, kurz Komplexe, sind in der → Analytischen Psychologie verdichtete, generalisierte, konflikthafte Beziehungserfahrungen, die emotional betont und mehr oder weniger verdrängt, das heißt unbewusst, sind. Werden sie thematisch (Information) oder über die Emotion angesprochen (→ Konstellation/konstellieren), entsteht eine komplexhafte Reaktion: Das Individuum nimmt die Situation im Sinne des Komplexes wahr (Verzerrung der Wahrnehmung), reagiert emotional überschießend oder mit → Abaissement und → Depression, und es finden stereotype Abwehrprozesse statt (→ Widerstand), was zu einer Art von Wiederholungszwang führt (Kast, 1990). Beziehungserfahrungen zu den wichtigsten Beziehungspersonen werden generalisiert als → Mutter- bzw. Vaterkomplex.“12

Die drei Nornen – germanische –  Schicksalsgöttinnen – die inneren Begleiterinnen, die das Schicksal beeinflussen, den Lebensfaden spinnen. Bild von Friedrich Paul Thumann „The Three Fates“ (19. Jhd.)

Hier erkennt man, dass Komplexe

  • in Interaktion mit anderen Personen entstehen („Beziehungs-Erfahrungen“)
  • problematisch sind („konflikthaft“)
  • mit Gefühlen verbunden und durch sie aktiviert / konstelliert werden können
  • zu Verhaltensreaktionen führen die „emotional überschießend sind und
  • zu Wiederholungszwängen führen.

Ähnlich bei Verena Kast in einem frühen Werk zur Dynamik der Symbole:

Darin „geht es um die Aspekte der Komplexe und deren Kompensationsmöglichkeiten. (Es geht auch) um den Ich-Komplex als jenen Komplex, der als Komplex im Selbstwertgefühl verstanden wird, welcher jedem Menschen innewohnt und Jung als zentraler Komplex gilt.
Komplexe können verstanden werden als krisenanfällige Stellen im Individuum, die das Individuum daran hindern sich weiterzuentwickeln und zugleich schöpferische Keime haben, wenn sie akzeptiert werden. Sie können auch als abstrakte Strukturen des Unbewussten definiert werden, die durch Abwehrmechanismen verdrängt werden und bei Berühren dieses Komplexes – etwa durch Reizworte, die Assoziationen13 hervorrufen – erfolgt eine emotionale Überreaktion. Aus dem Elternkomplex differenzieren sich Vater- und Mutterkomplex aus, welche bei der Übertragung eine wesentliche Rolle spielen.“ Aus: Verena Kast: Die Dynamik der Symbole.

Hier wird angesprochen, dass

  • der Ich-Komplex der zentrale Komplex im Selbstwertgefühl ist,
  • Komplexe problematisch sind („krisenanfällige Stellen im Individuum“, „das Individuum darin hindern sich weiterzuentwickeln“
  • aber auch positive Seiten haben, wenn sie akzeptiert werden („schöpferische Keime haben, wenn sie akzeptiert werden“), Akzeptanz ist also wichtig, um sie zu integrieren,
  • (häufig) unbewusst sind (verdrängt durch Abwehrmechanismen)
  • starke Reaktionen hervorrufen („emotionale Überreaktion“)
  • über Assoziationen „berührt“ (konstelliert) werden14

Noch eine ähnliche Definition mit zusätzlichen Aspekten von Verena Kast:

„Komplexe sind Ausdruck von Lebensproblemen, die auch zentrale Lebensthemen sind, sie sind Ausdruck von Entwicklungsproblemen, die auch Entwicklungsthemen sind. Sie machen unsere psychische Disposition aus. Zu Neurosen führen die Komplexe, wenn sie verdrängt oder abgespalten werden.“ (Verena Kast: Komplextheorie gestern und heute, S. 30)

Auch hier zeigt sich

  • der problematische Aspekt der Komplexe („Lebensprobleme“, „Entwicklungsprobleme“)
  • besonders problematisch („führt zu Neurosen“), wenn sie verdrängt oder abgespalten werden. Man soll sie ins Bewusstsein holen und integrieren.
  • gleichzeitig ein neutraler Enwicklungs-Aspekt („Entwicklungsthema“, „Lebensthema„)
  • Komplex als Disposition – ererbte oder erworbene Anlage, als Summe der Merkmale, die bestimmte Verhaltensweisen begünstigen. „Anlage bezeichnet, welche es ausmacht, dass manche Menschen auf bestimmte Faktoren mit Krankheitserscheinungen reagieren und andere nicht.“15

Die Autonomie von Komplexen – Komplexe als Teilpersönlichkeiten und ‚Daimones‘

Genien mit Blumenkränzen im Zwinger, Deckenfresko im französischen Pavillon, des Dresnder Zwingers (Maler: Heinrich Christoph Fehling, 1717). Der römische Genius, ein Schutzgeist, entspricht dem griechischen Daimon. Symbolisch in Träumen ein positiver Komplex.

Für C. G. Jung, den Vater der Komplextheorie war diese (neben der Traumanalyse) das Herzstück der Psychotherapie.16  Er beschreibt Komplexe als autonome psychische Einheiten, die als selbständige psychische Einheiten – wie Teilpersönlickeiten, innere Anteile – wirksam werden und nur sehr beschränkt vom bewussten Ich („Ich-Komplex“) gesteuert werden können.

„Was ist nun, wissenschaftlich gesprochen ein gefühlsbetonter Komplex? Er ist das Bild einer bestimmten psychischen Situation, die lebhaft emotional betont ist und sich zudem als inkompatibel mit der habituellen Bewusstseinslage und Einstellung erweist. Dieses Bild ist von starker innerer Geschlossenheit, es hat seine eigene Ganzheit und verfügt zudem über einen relativ hohen Grad von Autonomie, das heißt, es ist den Bewusstseinsdispositionen nur in geringem Maße unterworfen.  (C. G. Jung: Allgemeines zur Komplextheorie, S. 302).

Noch deutlicher bringt Jung die Autonomie der Komplexe zum Ausdruck, wenn er sagt, dass „ein Komplex mit einer gegbenen Spannung oder Energieladung die Tendenz hat, eine eigene kleine Persönlichkeit zu werden.“17

Dämonen als mythologische und Traum-Symbole

Diese kleinen Persönlichkeiten könnten das das bewusste Ich mit Emotionen dermaßen überfluten, dass sie das Bewusstsein ausschalten. In der Alltagssprache sagt man dann z. B. „Was hat den oder die jetzt gestochen.?“, als wäre er von einem Dämon besessen. Dämonen haben in den Religionswissenschaften bzw. in der christlichen Tradition  eindeutig negative Bedeutungen (Konnotationen) und bezeichnen  böse, teuflische mythologische Wesen bzw. ‚gefallene Engel‘.

Der Ursprung der Dämonen waren die ‚daimones‘ aus der griechischen Mythologie. Sie hatten neutrale bzw. ambivalente Bewertungen. Daher spricht man in der Jung’schen Psychologie und Psychotherapie von einem „Daimon„, um den Begriff von der negativen Konnotation zu lösen. Das passt dann auch besser zu den Komplexen.

Die daimones waren in der griechischen Mythologie Mischwesen weder Gott noch Mensch, etwas dazwischen. Oft waren sie auch Vermittler zwischen beiden, oder auch Begleiter wie die Moiren in Platons Politeia, die Schicksalsmächte oder mahnende Stimmen des Gewissens. Sie waren auch innere Schutzmächte, wie der römische Genius, der Schutzgeist des Mannes, der auch seine Bestimmung enthielt. In der Verteidigungsrede (Apologie)  des Sokrates beruft dieser sich auf seinen Daimon-Begleiter, der nicht nur als warnende Stimme sondern auch als göttlicher Botschafter ein Entscheidung-Helfer war.18

Weniger begleitend sind  andere Mischwesen, Chimären oder Monster in Mythen, Märchen und Träumen, wie Drachen, Greifvögel, sphinx-artige Wesen (Menschenkopf und Löwenkörper). Auch Zentauren (Menschen-Oberkörper und Pferdeleib) und Meerjungfrauen (Frauenoberkörper und Fischunterleib)  sind gefährlicher, als es auf dn ersten Blick aussieht.

Auch in der christlichen Tradition kennt man Dämonen. Im Bild von Pieter Bruegel, dem Älteren: Der Sturz der rebellierenden Engel (1562, Musées Royaux des Beaux Arts de Belgique).

Werden diese kleinen Dämonen, die abgesprengten psychischen Persönlichkeitsteile, die nun willkürlich und autonom fungieren, unterdrückt, so verschaffen sie sich doch zeitweise durch die Kraft der Emotionen ihren Ausdruck. Ist die Komplex-Unterdrückung bzw. ihr Wechselspiel mit der Komplex-Besessenheit zu stark, so kann es nach C. G. Jung zu dissoziativen Störungen („neurotischen Dissoziation der Persönlichkeit“) kommen,19 wie wir es z. B. aus Dr. Jekyll und Mr. Hide20 kennen.

 Dieses Phänomen kann beispielsweise im Bereich der Sexualität gut beobachtet werden, indem sozial oder moralisch konfliktträchtige sexuelle Fantasien zwar die meiste Zeit unterdrückt werden, aber dann wieder (wiederholt) mit „zwingender Macht“ zu einer Form der Realisierung drängen.21

Besonders deutlich zeigen sich die Komplexe (als abgesprengte Teilpsychen) in unseren Träumen, da dort unsere Abwehrmechanismen leichter ‚umschifft‘ werden können bzw. gar nicht am Werk sind. Sie werden dort personifiziert und können sich z. B. als bekannte Personen, aber auch in ihrer mythologischen Form zeigen. 22

Komplex-Kern und Komplex-Schale

Der Heilige Michael tötet den Drachen. Symbol für der Ich-Komplex überwindet einen abgesprengten Komplex. Der Drache als teuflisches Symbol aber auch für den negativen Mutter-Komplex („Mutter-Drache“, verschlingende Mutter) Bild von Raffael: Le Grand Saint Michel. (1518, Louvre, Paris)

In der Komplextheorie unterscheidet man einen Kern und eine Schale des Komplexes. Der Komplex ist eine Summe (besser Sublimierung – ‚Veredelung‘) von Erfahrungen, Bildern, Phantasien, die sich um einen Kern ansammeln und gruppieren. Somit ist  er nicht statisch sondern in Bewegung. Die Bewegung betrifft die Schale hier sammeln sich – als persönliches Unbewusstes – Assoziationen, Erfahrungen … um einen – meist archetypischen – Kern. Der Kern enthält also kollektiv-Unbewusstes. In neo-jungianischen Ansätzen wird vermutet, dass der Kern auch sehr frühe persönliche Kindheitserfahrungen enthalten kann.

„Es ist klar, dass ein Komplex immer aus einer Mischung von kollektivem und persönlichem Material besteht, und je weiter seine Teile vom Ich-Komplex dissoziiert sind, desto mythologischeren Charakter enthalten sie. Ich stelle aber die Hypothese auf, dass auch im Komplexkern […] ganz frühe persönliche Erfahrungselemente in den Kern des Komplexes eingearbeitet sind.“23

Wie entstehen Komplexe?

Furien (griech. Erinnyen) die römischen Rachegöttinnen, klasssische Symbolfiguren für Komplexe, die übermäßige Wut verursachen. Bild von William Adolphe Bouguereau (1862, Chrysler Museum of Art, Norfolk): Orestres wird von den Furien gehetzt

Komplexe entstehen häufig durch eine schwerwiegend emotionale Belastungen oder  emotionalen Schocks, z. B. eine Gewalt-Tat, der Verlust einer geliebten Person oder eines nahen Angehörigen oder eines sonstiges traumatisierendes Ereignis. Man nennt das auch „ein Thema haben“.

Eine weitere häufige Ursache sind (andauernde) moralische Konflikte, wenn z. B. Triebanforderungen und moralische Werte – der sozialen Umwelt oder des bewussten Ichs miteinander in Konflikt stehen und diese Konflikte nicht gelöst werden können, also unerledigt bleiben.  C. G. Jung nennt das einen ‚Zusammenstoß einer Anpassungs-Anforderung mit eigenen (unangepassten) Merkmalen.

Komplexe sind „geradezu Brenn- oder Knotenpunkte des seelischen Lebens … Aber sie bezeichnen das Unerledigte im Individuum … Er (der Komplex) geht offenbar aus dem Zusammenstoß einer Anpassungsforderung mit der besonderen und hinsichtlich der Forderung ungeeigneten Beschaffenheit des Individuums“ hervor.“24

Satyr, ein Dämon im Gefolge des Dionysos – die männlichen Äquivalente zu den weiblichen Nymphen. Sie symbolisieren vor allem sexuelle Komplexe, die mit nicht akzeptierten sexuellen Wünschen und Praktiken verbunden sind. Bild von William Adolphe Bouguereau (18773, Sterling and Francine Clark Art Institute, Williamstown, Mass.): Nymphen und Satyr.

Das Individuum müsste in sich etwas unterdrücken oder abspalten, um dieser Anpassungs-Anforderung gerecht zu werden. Die Inhalte / inneren Impulse werden vom Ich abgewehrt, um in einer sozialen Gemeinschaft dazuzugehören (Motiv der Zugehörigkeit). Dann kann es geschehen, dass dieser abgelehnte, in den Schatten gedrängte Inhalt ein Eigenleben führt und Probleme bereitet um auf sich aufmerksam zu machen, ähnlich wie manche nicht akzeptierte oder ignorierte Kinder, die schlimm werden, um bemerkt zu werden.25

Spezifische Komplexe

Verschiedene ‚typische Komplexe`wurden spezifisch untersucht. Sie sind in zahlreichen Lebensgeschichten enthalten.26

  • Ich-Komplex

„‚Der Ichkomplex ist beim normalen Menschen die oberste psychische Instanz: wir verstehen darunter die Vorstellungsmasse des Ichs, welche wir uns von dem mächtigen und immer lebendigen Gefühlston des eigenen Körpers begleitet denken‘ (). In dieser Definition von 1907 unterscheidet C.G. Jung den Ichkomplex vom Ich. Das Ich wird von ihm in der Folge als die Gesamtheit der primär autonomen Ichfunktionen verstanden, die den Ichkomplex und die übrigen → Komplexe, die dem Ichkomplex assoziiert sind, reflektieren. Die Vorstellung vom Körper wird als wesentliche Basis des Ichkomplexes erlebt. Der Ichkomplex ist für Jung der zentrale Komplex; die Lebensthemen, die mit diesem Komplex verbunden sind, sind das Thema der Identität, die Gefühle, die ihn begleiten, das Selbstgefühl und das Selbstwertgefühl.“27

  • Mutter-Komplex, Vater-Komplex
  • Ödipus-Komplex
  • Elektra-Komplex
  • Mindwertigkeits-Komplex (Alfred Adler)
  • Adonis-Komplex
  • Kastrations-Komplex
  • Kassandra-Komplex
  • Jonas-Komplex

Der Komplex, der mit Angst verbunden ist, Herausforderungen anzunehmen (z. B. aus falscher Bescheidenheit / ‚selbstabwertender Bescheidenheit28) und daran zu wachsen.29 Die Furcht, das Beste an sich zu entwickeln. Das Verhaltensmuster, sich selbst zu bremsen. Die Angst, die Komfortzone zu verlassen. Der Jonas-Komplex ist häufig mit ‚passenden‘ Glaubenssätzen‚ / inneren Botschaften verbunden, z. B.: „Bleib bescheiden!“ „Du mit deinen verrückten Ideen!“, „Bleib am Boden!“, „Mute dir nicht zuviel zu!“, „So gut bist du nicht.“ …30

  • Medea-Komplex

Der unbewusste Hass der alternden Mutter auf die reifende Tochter bzw. allen jungen Frauen und heranreifenden Mädchen, weil sie für ihren Mann attraktiver erscheinen als sie. Männliches Äquivalent: Atreus-Komplex.31

  • Elektra-Komplex
  • Lilith-Komplex
  • Cinderella-Komplex
  • Casanova-Komplex, Don-Juan-Komplex
  • Frankenstein-Komplex
  • Salieri-Komplex
  • Dr. Jekyll und Mr. Hide-Syndrom
  • Napoleon-Komplex (Kleiner-Mann-Komplex)

Querverweise

Literatur und Links

C. G. Jung, Verena Kast, Analytische Psychologie

Carl Gustav JungErinnerungen, Träume, Gedanken von C. G. Jung. Hrsg.: Aniela Jaffé. 2. Auflage. Rascher 1984. Walter, Olten. (1 – Rascher 1962) (Patmos 2009).

C. G. JungPsychologische Typen. Gesammelte Werke, Band 6.  Patmos Verlag. 3. Auflage 2018.

C. G. Jung: Gesammelte Werke, Band 8. Die Dynamik des Unbewussten. Rascher 1967.

C. G. Jung: Allgemeines zur Komplextheorie. Sauerländer 1934. In: Dynamik des Unbewussten. Gesammelte Werke, Band 8, Rascher 1967. (Band 8.3, S. 109 – 124, §§ 194 – 219).

C. G. Jung: Über psychische Energetik und das Wesen der Träume. Rascher 1965. (1 – 1948) In: Gesammelte Werke, Band 8, Rascher 1967. (Aus weltbild.de).

C. G. Jung: Gesammelte Werke, Band 18/1-2. Das symbolische Leben. Rascher 1967.

C. G. Jung: Über Grundlagen der analytischen Psychologie. Die Tavistock Lectures 1935 . Walter Verlag 1982.

Franz Alt (Hrsg.): Von Vater, Mutter und Kind. Einsichten und Weisheiten. Ausgewählte Texte von C.G.Jung. 2. Auflage. Walter Verlag, Olten 1994. (Mutterarchetyp: S. 48–58)

Verena Kast: Träumend imaginieren: Einblicke in die Traumwerkstatt. Vandenhoeck & Ruprecht. 2019. (Kap. 3.3.2 Komplexe: Architekten der Träume).

Verena Kast: Die Dynamik der Symbole. Grundlagen der Jungschen Psychotherapie. Patmos, 2007. (1 – Olten: Walter 1990). Auch in: Pritz A. (Hrsg.) Einhundert Meisterwerke der Psychotherapie. Springer, Wien. https://doi.org/10.1007/978-3-211-69499-2_49. Aus: link.springer.com. https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-211-69499-2_49. (mit Leseprobe)

Verena Kast: Gegenübertragung. In: Gerhard Stumm, Alfred Pritz (eds.): Wörterbuch der Psychotherapie. Springer. S. 232. Aus: link.springer.com. https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-211-99131-2_624

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Komplexe, Kompression

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W. StanglKompression. Aus: Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik, 2020. https://lexikon.stangl.eu/1565/kompression-verdichtung/.

Andreas von Heydwolff: (2000) Konstellation / konstellieren. In: Gerhard Stumm, Alfred Pritz (eds): Wörterbuch der Psychotherapie. Springer. S. 362 f. Aus: link.springer.com. https://doi.org/10.1007/978-3-211-99131-2_986.

o. A.: Komplex. Aus: spektrum.de. Lexikon der  Psychologie. https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/komplex/8007. (Hinweis auf Ödipus-K., Kastrations-K., kog. Psychologie).

Verena Kast: Komplex. In:  In: Gerhard Stumm, Alfred Pritz (eds): Wörterbuch der Psychotherapie. Springer. S. 357 f. Aus: link.springer.com. https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-211-99131-2_971.

Verena Kast: Ich In: Gerhard Stumm, Alfred Pritz (eds): Wörterbuch der Psychotherapie. Springer. S. 290. Aus: link.springer.com. https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-211-99131-2_780.

o. A.: Komplex (Psychologie). Aus: de.wikipedia.de. 6. 1. 2019 https://de.wikipedia.org/wiki/Komplex_(Psychologie)#cite_ref-1.

Johanna Marina Dorsch: Komplexe. Aus: netdokor.de. 30. 10. 2015. https://www.netdoktor.de/sex-partnerschaft/komplexe-1124.html.

Lin Freitag: Macken können ein Karriere-Booster sein. Aus: wiwo.de. https://www.wiwo.de/erfolg/management/psychologie-macken-koennen-ein-karriere-booster-sein/20263058.html.

 

Spezielle Komplexe

Michael Behn: Der Jonas-Komplex. Fliehst du oder fliegst du? Aus: blueprints.de. https://www.blueprints.de/artikel/selbstmanagement/der-jonas-komplex-oder-haben-sie-angst-vor-der-eigenen-groesse.html. Siehe auch meinen Beitrag zur Komfortzone.

Anna Gielas: Ist Bescheidenheit positiv?. Aus psychologie-heute.de. https://www.psychologie-heute.de/leben/39459-ist-bescheidenheit-positiv.html.

 

Dämon, Daimon, Genius, Furien, …

Sebastian, Schroer: Dämonen in Mythologie und Phantastik. Aus: teilzeithelden.de. 21. 8. 2013. https://www.teilzeithelden.de/2013/08/21/daemonen-in-mythologie-und-phantastik/.

Eugen Maria Schulak: Jedem sein daimon. Aus: wienerzeitung.at. https://www.wienerzeitung.at/startseite/archiv/75026_Jedem-sein-daimon.html.

o. A. („Angel“): Römische GötterFurien (griechisch: Erinnyen): Aus. die-goetter.de. https://www.die-goetter.de/roemische-goetter-furien-griechisch-erinnyen.

 

Komplex- und Schema-Therapie

Isabelle Meier: Komplexe und Schemata. Ein Vergleich von Konzepten der Analytischen Psychologie nach C.G. Jung und der Schematherapie nach Jeffrey Young. Aus: psychotherapie-wissenschaft.info. https://psychotherapie-wissenschaft.info/index.php/psywis/article/view/192/299.

Mario Schlegel: Komplexe und Schemata. Konzeptionelle Gemeinsamkeiten der Analytischen Psychologie und der Schematherapie. Diskussionsbeitrag zum Artikel von McMahon. In: Psychotherapie-Wissenschaft. Bd. 4, Nr. 2 (2014). Aus: Psychotherapie-wissenschaft.info. https://psychotherapie-wissenschaft.info/index.php/psywis/article/view/146/155.

Pia McMahon: Märchen als Ressource bei maladaptiven Schemata und pathogenen Komplexepisoden.  In: Psychotherapie-Wissenschaft. Bd. 4, Nr. 2 (2014). Aus: Psychotherapie-wissenschaft.info. https://ptw.psychosozial-verlag.de/index.php/psywis/article/view/145/151.

 

Mutter-Komplex, Vater-Komplex

Verena Kast: Mutterkomplex. In: Gerhard Stumm, Alfred Pritz (Hrsg.): Wörterbuch der Psychotherapie. Springer 2000, S. 447. Aus: link.springer.com.  https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-211-99131-2_1206

Verena Kast: Vater-Töchter, Mutter-Söhne: Wege zur eigenen Identität aus Vater-und Mutterkomplexen. Stuttgart, Kreuz 2005 (1-1994). 

Andreas Gauger: Der ursprünglich positive Mutterkomplex des Mannes – Die Welt hat auf einen wie mich gewartet. Aus: www.andreas-gauger.de. https://www.andreas-gauger.de/der-urspruenglich-positive-mutterkomplex-des-mannes/.

Andreas Gauger: Ich geh dann mal meinen eigenen Weg. Wie die Erwartungen unserer Eltern unser Leben bestimmen und wie wir uns davon befreien. Gräfe und Unzer, 2020.

Richard Parncutt: Mother Schema, Obstetric Dilemma, and the Origin of Behavioral Modernity. In: Behav Sci (Basel). 2019 Dec; 9(12): 142. Aus: www.ncbi.nlm.nih.gov. doi: 10.3390/bs9120142. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6960940/.

 

Komplexe im Assoziationsexperiment

C. G. Jung: Diagnostische Assoziationsstudien. Beiträge zur experimentellen Psychopathologie. Barth, Leipzig 1906, Neuausgabe. In: Gesammelte Werke Band 2.

Verena Kast: Das Assoziationsexperiment in der therapeutischen Praxis. Bonz, 1980.

Verena Kast: AssoziationsexperimentIn: Gerhard Stumm, Alfred Pritz (eds): Wörterbuch der Psychotherapie. Springer. S. 45 f. Aus: link.springer.com. https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-211-99131-2_115.

Tina von Uffelen: C. G. Jungs Assoziationsexperiment im Vergleich mit ausgewählten standardisierten klinischen Instrumenten. Empirische Ergebnisse – eine Gegenüberstellung. Dissertation. Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder). Aus: opus4.kobv.de.  https://opus4.kobv.de/opus4-euv/frontdoor/deliver/index/docId/227/file/vanUffelen_Tina.pdf. DOI: 10.1159/000013674. https://www.karger.com/Article/Abstract/13674.

Rudolf Sponsel:  DASDie C. G. Jung’sche Assoziationsmethode zur Diagnostik der Komplexe. Internet Publikation  für Allgemeine und Integrative Psychotherapie  IP-GIPT. Erlangen:  http://www.sgipt.org/wisms/av/cgj_inf1.htm

 

Medea-Komplex

Rainer DanzingerMedea. Der Kindsmord in Fantasie und Realität. Aus: rainerdanzinger.at.  http://www.rainerdanzinger.at/Publikationen_files/Medea.pdf.

Andreas Marneros: Der Medea-Komplex. In: Warum Ödipus keinen Ödipus-Komplex und Adonis keinen Schönheitswahn hatte. Kap. 1. Springer, Berlin, Heidelberg. Aus: springer.com. First Online: 21. 6. 2018. DOI  https://doi.org/10.1007/978-3-662-56731-9_8. Auch aus researchgate.net. https://www.researchgate.net/publication/325884465_Der_Medea-Komplex.

 

Analytische Psychologie / C. G. Jung – diverse

Werner Stangl: Carl Gustav Jung. Aus: https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/. https://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/WISSENSCHAFTPSYCHOLOGIE/PSYCHOLOGEN/Jung.shtml.

Christof Goddemeier: Carl Gustav Jung: Vom kollektiven Unbewussten und den Archetypen. Aus: Ärzteblatt.de. https://www.aerzteblatt.de/archiv/97655/Carl-Gustav-Jung-Vom-kollektiven-Unbewussten-und-den-Archetypen.

o. A.: Wörterbuch. Aus: analytische-psychologie.org. http://www.analytische-psychologie.org/woerterbuch.htm.

John F. Rauthmann: Persönlichkeitspsychologie. Paradigmen – Strömungen – Theorien. Springer. 2017. (Lesprobe in springer.com)

Günter Sämmer: Paradigmen der Psychologie. Eine wissenschaftstheoretische Rekonstruktion paradigmatischer Strukturen im Wissenschaftssystem der Psychologie. Dissertation. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Köln 1999. (docplayer.doc – full text) (Kap. 4: Das Paradigma der Tiefenpsychologie, psychologielehrer.de – full text)

Günter Langwieler: Cultural Issues in Jung`s Concept of the Archetypes and the Collective Unconscious. C.G. Jung-Forum. e-Journal der ÖGAP. 3. Jahrgang. ISSN 1997-1141. Aus: cgjung.at. https://www.cgjung.at/institut/e-journal/33-e-journal-der-oegap-5/file.

 

Projektion, Übertragung

 

Führungs-Projektionen

Andrea Scherkamp: Die Führungskraft im Projektionsdilemma (Teil 2). Aus: andrea-scherkamp.de. 3. 9. 2017. https://andrea-scherkamp.de/fuehrungskraefte-im-projektionsdilemma-teil-2/. (Teil 1) (Teil 3)

 

Vergangenheit bewältigen

Gesa Seidel: Wie die Vergangenheit im Hirn die Gegenwart prägt. Aus: wissenschaft.de. https://www.wissenschaft.de/umwelt-natur/wie-die-vergangenheit-im-hirn-die-gegenwart-praegt/.

Katherine Duncan, Arhanti Sadanand, Lila Davachi: Memory’s Penumbra. Episodic Memory Decisions Induce Lingering Mnemonic Biases. Science 27 Jul 2012: Vol. 337, Issue 6093, pp. 485-487. DOI: 10.1126/science.1221936. Aus: science.sciencemag.org. https://science.sciencemag.org/content/337/6093/485.

Fanny Jimenez: In unsicheren Zeiten werden Menschen nostalgisch. Aus: welt.de. 22. 12. 2013. https://www.welt.de/gesundheit/psychologie/article123187692/In-unsicheren-Zeiten-werden-Menschen-nostalgisch.html.

Christian Schüle: Im Bann der Erinnerung. Aus: zeit.de. 8. 2. 2011. https://www.zeit.de/zeit-wissen/2011/02/Erinnerung-Forschung.

 

Diverse

Werner Stangl: Disposition. Aus: lexikon.stangl.eu. https://lexikon.stangl.eu/212/disposition/.

Nils Krautkremer: Hintergründe zur Figur des Dr. Jekyll. in R. L. Stevensons Novelle „Der Seltsame Fall von Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ Grin-Verlag. 2012.

 

Anhang: Kapitel in Dieckmann: Komplexe

Hans Dieckmann: Komplexe. Diagnostik und Therapie in der analytischen Psychologie. Springer 1991.

  1. Front Matter

    Pages i-v
  2. Hans Dieckmann
    Pages 1-7
  3. Hans Dieckmann
    Pages 8-19
  4. Hans Dieckmann
    Pages 20-28
  5. Hans Dieckmann
    Pages 55-78
  6. Hans Dieckmann
    Pages 88-99
  7. Back Matter
    Pages 141-157

32

  1.   aus: beruhmte-zitate.de   
  2.   Vgl. Andreas von Heydwolff: Konstellation / konstellieren
  3.   Die Definition der Konstellation von Andreas von Heydhoff:

    „Konstellation / konstellieren: In der Psychologie schon 1893 von G.T. Ziehen verwendet, von C.G. Jung in die → Analytische Psychologie aufgenommen. Konstellation ist ..der ‚Einfluss des .. Komplexes auf das Denken und Handeln‘, zu dem es kommt, wenn der Komplex durch äußere Anlässe angesprochen und ausgelöst wird (; „in einen Komplex fallen“; → Assoziationsexperiment; → Symbol; → Trauma, aus Sicht der Analytischen Psychologie). Jede Konstellation von Komplexen bei Einzelpersonen und in Gruppen (familiäre Konstellation) bewirkt einen gestörten Bewusstseinszustand, der bisweilen von den die Komplexe prägenden → Archetypen mit beeinflusst wird (GW Bd. 8, §§ 19ff., 198ff., 847; „psychische Infektion“, „Massenhysterie“, „Massenpsychose“).“  Aus: Andreas von Heydwolff: Konstellation / konstellieren.   

  4.   Zum blinden Fleck vgl. das ‚Johari-Window‚ ein Modell von Joseph Luft und Harry Ingham in meinem Beitrag: Offene Kommunikation und das Johari-Fenster
  5.   Auch im Kommunikations-Modell von Schulz von Thun ist ‚Selbstoffenbarung‚ eine Dimension, die in jeder Kommunikation enthalten ist. Man könnte die Überschrift des Beitrags auch ausdrücken: „Sag mir, was Du über Andere aussagst und ich sage Dir, wer Du bist.“
  6.   Obwohl Gandhi angeblich dazu sagt: „Wenn ich mich über jemanden ärgere, dann ist das, als würde ich Gift trinken und hoffen, dass der Andere stirbt.“ – Quelle unbekannt 
  7.   lat.: Das Umfassen, die Verknüpfung. 
  8.   zitiert aus: Tina von Uffelen: C. G. Jungs Assoziationsexperiment im Vergleich mit ausgewählten standardisierten klinischen Instrumenten. S. 39.   
  9.   „Das Paradigma der Tiefenpsychologie umfasst neben FREUDs Psychoanalyse alle Forschungsprogramme, die in seiner Nachfolge von der zentralen Annahme ausgehen, dass unwillkürliche Antriebe und unbewusste psychische Prozesse wesentliche Determinanten des Erlebens und Verhaltens sind.
    Tiefenpsychologische Forschungsprogramme bilden Modelle, die die Funktion und Struktur eines psychischen Systems beschreiben sowie das dynamische Zusammenwirken seiner Bestandteile, z. B. bei inneren und äußeren Konflikten.
    Sie gehen stets davon aus, dass aktuelles Erleben und Verhalten, ebenso wie aktuelle unbewusste Prozesse, durch Erfahrungen bestimmt sind, die sich in Auseinandersetzung mit der sozialen und physischen Umwelt in der psychischen Struktur niedergeschlagen haben.

    Die typischen Funktionsweisen dieser Struktur bestimmen den „Charakter“ und die Persönlichkeit des Individuums.
    Die Tiefenpsychologie ist dasjenige psychologische Paradigma, dessen Gründung am ehesten nur einer einzigen Person zugeschrieben werden kann: Sigmund FREUD.
    Damit nimmt jede Genealogie
    tiefenpsychologischer Forschungsprogramme bei ihm ihren Anfang.

    Mit der zweiten Generation der Tiefenpsychologen, FREUDs Schülern, beginnt aber schon sehr bald das Auffächern der Forschungsprogramme durch Modifikation einzelner Kernannahmen: Es entstehen neben dem „mainstream“ der klassischen Psychoanalyse zunächst zwei neue Forschungsprogramme:
    Die Individualpsychologie Alfred ADLERs und die Analytische Psychologie Carl Gustav JUNGs.
    Beide
    werden dann zu „Initialzündungen“ für zwei große Strömungen, die sich von nun an neben der FREUDschen Variante entwickeln: die sozial-kulturell ausgerichteten Ansätze, die in ähnlicher Richtung weitergehen wie ADLER, und die philosophisch orientierten Richtungen, für die C.G. JUNG ein prinzipielles Vorbild ist.  – Günter Sämmer: Paradigmen der Psychologie, Kap. 4: Das Paradigma der Tiefenpsychologie, S. 103 

  10.   Zum Komplex-Begriff  und der Bedeutung von Komplexen in Konflikten vgl. auch den Beitrag „Starke Emotionen in Konflikten
  11.   o. A.: Komplex
  12.   Aus  Verena Kast: Komplex.
  13. Verena Kast dissertierte über das Assoziationsexperiment. Später schreibt sie dazu:

    „Bei Assoziationsversuchen, die um 1900 beliebt waren, um Typologien zu erstellen, interessierten sich C.G. Jung und Franz Riklin für die sogenannten Störungen des Experimentes. Begriffe, auf die nicht glatt assoziiert werden konnte, waren — so fanden die Forscher heraus — mit Vorstellungen von persönlichen affektbetonten Erfahrungen und Schwierigkeiten verknüpft, die sie → Komplexe nannten. In der Folge wurde dann postuliert, dass der Hintergrund des → Bewusstseins aus solchen Komplexen bestehe, und dass alle psychogenen → Neurosen einen Komplex enthalten, der mit außerordentlich starken Gefühlstönen ausgestattet sei. Die Forscher untersuchten Assoziationen Gesunder, Kranker, Assoziationen von Familien etc. Insbesondere interessierten Jung die psychophysischen Begleiterscheinungen.“

  14.   Vgl. Verena Kast: Das Assoziationsexperiment in der therapeutischen Praxis. Bonz, 1980.  Lässt man Personan beliebig weiter assoziieren, so landen sie irgendwann bei einem Komplex.
  15.   Brockhaus, Stichwort „Disposition“ aus Werner Stangl: Disposition
  16.   Vgl. Verena Kast: Komplextheorie gestern und heute. S. 296. 
  17. C. G. Jung: Gesammelte Werke, Band 18/1-2. Das symbolische Leben. § 149. 
  18.   Vgl. Eugen Maria Schulak: Jedem sein daimon.  
  19.   Vgl. C. G. Jung: C. G. Jung: Über psychische Energetik und das Wesen der Träume.  
  20.   Vgl. dazu Nils Krautkremer: Hintergründe zur Figur des Dr. Jekyll.  
  21.   o. A.: Komplex (Psychologie).
  22.   C. G. Jung formuliert diese Personfikation folgendermaßen:

    „Die Traumpsychologie zeigt mit aller wünschenswerten Deutlichkeit, wie die Komplexe personifiziert auftreten, wenn kein hemmendes Bewusstsein sie unterdrückt … Das gleiche Phänomen beobachten wir in gewissen Psychosen, wo die Komplexe ‚laut‘, werden und als ‚Stimmen‘ erscheinen, die durchaus persönlichen Charakter haben. Dass ‚selbständige Komplexe‘ entgegen jeder postulierten ‚Einheit des Ich‘ existierten, sei ganz natürlich.“ (C. G. JungPsychologische Typen, §420)  

  23.   Hans Dieckmann: Komplexe. Diagnostik und Therapie in der analytischen Psychologie., S. 57 f.
  24.   C. G. Jung: Psychologische Typen. , §924–926. 
  25.   Vgl.  o. A.: Komplex (Psychologie).  
  26.   Vgl. Anneliese Widmann-Kramer: Komplex
  27.   Verena Kast: Ich
  28.   Vgl. Anna Gielas: Ist Bescheidenheit positiv?.  
  29.   Der biblische Jonas weigerte sich aus falscher Bescheidenheit den göttlichen Auftrag, in der Stadt Ninive zu predigen. Er dachte, er sei dafür zu minder, zu wenig begabt. Als er eine Schiffsreise in die falsche Richtung antrat, wurde er von einem Wal verschluckt und in der Nähe der Stadt wieder  ausgespuckt.  Jetzt erfüllte Jonas erfolgreich den Auftrag.  Vgl. Michael BehnDer Jonas-Komplex
  30.   Vgl. Michael Behn: Der Jonas-Komplex. Vgl.  auch meinen Beitrag zur Komfortzone.  
  31. Vgl. Rainer DanzingerMedea.  Andreas Marneros: Der Medea-Komplex.  
  32.   abgezweigt 2008 von: Spiegelung. To do: ergänzen Assoziation aus Diss von Uffelen

Ein Kommentar

  1. Hallo, sehr schöne Überblick, vielen Dank!

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