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„Ohne Emotionen
kann man Dunkelheit nicht in Licht und
Apathie nicht in Bewegung verwandeln.“
Carl Gustav Jung.

Time-Line ist eine Übung, die uns den eigenen Lebens-Weg bewusst macht, uns zurück in die Vergangenheit führt, uns den Weg zu unseren Wurzeln zeigt.

Gemälde „Der Sämann“ (Juni 1988), Kröller-Müller Museum) von Vincent Van Gogh aus seiner Serie ‚Weizenfelder„. Weizenfelder als Symbol des Wachstums, Sähen und Ernten als Symbol für den Lebensweg nach dem biblischen Gleichnis vom Sämann.1
Die Vergangenheit ist in uns gespeichert. Sie beeinflusst unser Verhalten und Erleben mehr, als wir denken. Um sich selbst in all seiner Komplexität zu verstehen, ist es sinnvoll, von Zeit zu Zeit einen Ausflug in die Vergangenheit zu machen, die Erinnerungen ins Bewusstsein zu rufen – incl. der beteiligten Affekte und Emotionen. Die Time-Line ist eine geeignete Übung dazu.

Ablauf – Version 1 – solo

Hinweis: Sollten Traumata in deiner Biographie vorhanden sein oder du an einer psychischen Störung leiden, dann mach die Übung nicht oder nur in Absprache mit deinem Arzt oder Therapeuten. Übernimm bitte Verantwortung dafür.

  1. Leg mit einem Seil (oder einer Schnur), ca. 2 – 3 Meter lang, eine Linie auf dem Boden. Sie symbolisiert deine Lebenslinie.
  2. Markiere Anfang und Ende mit einem Kärtchen (oder Zettel) mit einer Jahreszahl. Der Anfang ist dein Geburtsjahr, das Ende ist jetzt, das gegenwärtige Jahr.2
  3. Sammle die wesentlichen (lebens-verändernden) positiven und negativen Ereignisse in deinem bisherigen Leben. Eine Orientierung: je 3 – 5 positive und negative Ereignisse (Ereignisse die mit positiven oder negativen Emotionen verbunden waren).
  4.  Schreibe diese Ereignisse auf ein Kärtchen (oder einen Zettel) und platziere sie neben deiner Linie, links vom Seil die negativen und rechts die positiven Ereignisse.3
  5. Wahlweise (zur Intensivierung): Suche passende Bilder oder kleine Gegenstände (Figuren, Lego-Männchen, kleine Häuschen, Schlüssel, Spielzeug-Autos oder andere symbolhafte Gegenstände und lege sie zu den Kärtchen bzw. tausche die Kärtchen mit diesen Bildern und Gegenständen aus.
  6. Stell dich auf das Seil zu den jeweiligen Stationen. Beginne bei der Geburt und gehe dann Schritt für Schritt eine Station weiter. Verharre bei der jeweiligen Station, lass Bilder und Erinnerungen hochkommen, so als würden die Ereignisse jetzt gerade geschehen. Lass auch die jeweiligen Gefühle wieder entstehen.
  7. Geh bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt. Wie geht es dir derzeit in deinem berufliche und privaten Leben? … in deinem Innen-Leben?
  8. Wahlweise: Geh noch einen Schritt weiter in die nahe Zukunft. Welche Gedanken, Bilder, Stimmungen, Gefühle entstehen dabei.

Reflexion / Nachbereitung für Version 1

  1. Dokumentation: Schreibe die zentralen Stationen in deinem Leben und die dazugehörigen Erlebnisse bei der Übung auf – incl. des emotionalen Gehalts dieser Ereignisse.
  2. Sharing: Tausche, wenn möglich, deine Erfahrungen mit dieser Übung mit einer Person deines Vertrauens aus.
  3. Reflexion:
    • Überlege dir, welche Stärken du bei den positiven Ereignissen aufbauen konntest.
    • Überlege aber vor allem auch: Welche Stärken, Ressourcen, Potenziale musstest / konntest du zur Überwindung der negativen Ereignissen entwickeln? Lies vielleicht dazu den Beitrag zum posttraumatischen Wachstum und der Literatur oder den Links bei diesem Beitrag.
  4. Umsetzung: Willst du dir aufgrund dieser Erfahrung etwas vornehmen? Schreibe es auf und plane die Realisierung.

Ablauf – Version 2 – mit einem Lernpartner

Vorbereitete Materialien:

  • Kärtchen, z. B. Pinn-Kärtchen und ein Stift
  • Bilder und oder kleine Gegenstände, die als Symbole dienen (z. B. kleine Figuren, z. B. Lego-Männchen, kleine Tiere, kleine Spielzeugautos, Blumen, …)

Anweisungen an den Lernpartner: Sag deinem ‚Klienten‘ folgende Übung an:

  1. Leg mit einem Seil (oder einer Schnur), ca. 2 – 4 Meter lang, eine Linie auf dem Boden. Sie symbolisiert deine Lebenslinie.
  2. Schreibe Kärtchen mit
    • Vergangenheit
    • Gegenwart
    • Zukunft
      und platziere sie entlang der Linie
  3. Stelle dich auf das Seil zur Vergangenheit und spür nach: Welches Ereignis kommt dir in Erinnerung.
    • Was hat sich damals ereignet?
    • Welche Gefühle entstehen dabei / sind dabei entstanden?
    • Stelle weitere, passende Vertiefungs-Fragen (siehe unten).
  4. Welche Ressourcen nimmst du von diesem Ereignis mit?
    • Wenn es ein positives Ereignis war: welche Stärke nimmst du mit (z. B. stolz auf meine Leistung oder Freude, dass ich jemanden helfen konnte oder das Gefühl, wichtig zu sein oder …)
    • Wenn es ein negatives Ereignis war: welche Ressourcen hast du entwickelt, um mit dieser Herausforderung fertig zu werden (z. B. ‚Selbstdisziplin‘ oder ‚auch allein sein können‘ oder ‚wieder aufstehen, das negative Gefühl abzuschütteln und wieder weiterzugehen’…)
    • Suche für dieses Ereignis und/oder diese Ressource ein Symbol oder schreibe / zeichne dazu ein passendes Kärtchen.
  5. Gehe einen Schritt weiter in der Vergangenheit und wiederhole die Punkte 3 und 4.
  6. Mach das so lange, bis du in die Gegenwart kommst.
    • Spür nach, wie es dir in der Gegenwart geht.
    • Welche Ressourcen aus der Vergangenheit kannst du brauchen, um die Herausforderungen der Gegenwart gut bewältigen zu können?
    • Stell dir vor, wie dir dies mit deinen Ressourcen gelingt.
    • Suche dir auch dazu ein Symbol oder schreibe ein Kärtchen.
  7. Mach dann noch den Schritt in die Zukunft (z. B. 1 – 2 Jahre)
    • Stelle dir vor, (durch Einsatz deiner Ressourcen) in einer positiven Zukunft zu stehen.
    • Wie sieht diese positive Zukunft aus (privat, beruflich, persönlich, …) aus? Stell sie dir konkret vor.
    • Welche Ressourcen kannst du gut gebrauchen, um in diese positive Zukunft zu kommen?
    • Suche dir auch dazu ein Symbol oder schreibe ein Kärtchen.
  8.  Geh noch einmal an den Beginn deiner Linie und überblicke dein ganzes Leben.
    • Welche Gefühle, welche Stimmungen kommen dabei?
    • Möchtest du noch etwas ergänzen?
  9. Fotografiere deine time line und / oder dokumentiere sie schriftlich.

Mögliche Vertiefungsfragen

Ereignisse, Daten, Fakten
  • Was ist konkret geschehen?
  • Wie hast du dabei reagiert / agiert?
  • Wie haben andere agiert / reagiert?
Gefühle, Emotionen, Stimmungen, Affekte
  • Wie ist es dir dabei ergangen?
  • In welcher Stimmung war das?
  • Wie hast du dich dabei gefühlt?
Auswirkungen
  • Welche Auswirkungen hatte das damals für dich?
  • … auf dein Leben?
  • … auf ein Innenleben?
  • … auf andere?
heute
  • Hat das heute noch Auswirkungen?
    • Ist das heute noch von Bedeutung?
    • Wenn ja, in welcher Weise?
  • Gibt es jetzt da noch etwas zu tun (zu verändern, zu bereinigen, zu besprechen, …)?

Reflexion / Nachbereitung für Version 2

  1. Besprich das Ganze mit einer/m Lernpartner*in
  2. Überlege dazu, was du ändern, umsetzen, verstärken, verringern, abstellen, … möchtest. Mach dazu einen Aktionsplan.

Links und Literatur

o. A.: Anleitung Timelinetherapie. https://www.inhypnos.de/informatives/inhypnos-tipps/anleitung-timelinetherapie/?L=0.

o. A.: Time Line. Aus: nlpportal. https://nlpportal.org/nlpedia/wiki/Time_Line.

o. A.: Zeitlinien-Arbeit. Aus: landsiedel.com. https://www.landsiedel.com/at/nlp-bibliothek/zeitlinienarbeit.html.

 

Querverweise

Selbstentwicklung in persönlichen Krisen.

  1.   Das Gleichnis vom Sämann:
    Als die Leute aus allen Städten zusammenströmten und sich viele Menschen um ihn versammelten, erzählte er ihnen dieses Gleichnis:
    Ein Sämann ging aufs Feld, um seinen Samen auszusäen. Als er säte, fiel ein Teil der Körner auf den Weg; sie wurden zertreten und die Vögel des Himmels fraßen sie.
    Ein anderer Teil fiel auf Felsen, und als die Saat aufging, verdorrte sie, weil es ihr an Feuchtigkeit fehlte.
    Wieder ein anderer Teil fiel mitten in die Dornen und die Dornen wuchsen zusammen mit der Saat hoch und erstickten sie.
    Ein anderer Teil schließlich fiel auf guten Boden, ging auf und brachte hundertfach Frucht.
    Als Jesus das gesagt hatte, rief er: Wer Ohren hat zum Hören, der höre!
    Seine Jünger fragten ihn, was das Gleichnis bedeute.
    Da sagte er: Euch ist es gegeben, die Geheimnisse des Reiches Gottes zu erkennen. Zu den anderen Menschen aber wird nur in Gleichnissen geredet; denn sie sollen sehen und doch nicht sehen, hören und doch nicht verstehen.  Aus: Bibelstellen
  2.   Wenn du willst, kannst du auch ein Stück darüber hinaus gehen, das ist dann deine nähere Zukunft. Gib eine Karte „Zukunft dazu.
  3.   Kann natürlich auch umgekehrt sein.

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