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Eltern-Botschaften – übernommene Glaubens-Sätze der Eltern

Die Familie prägt die Kinder – Elternbotschaften. Gemälde „Christus im Hause seiner Eltern“ , 1850, von John Everett Millais. Sammlung Tate Britain.

Begegnungen in unserem Leben hinterlassen etwas in uns. Diese Hinterlassenschaften werden im Normalfall in unserer Psyche verarbeitet und integriert. Bleiben sie als ‚eigenständige‘ Fremdkörper in uns bestehen, so spricht man von Introjektion1 Besonders stark sind im Normalfall die Introjekte der Eltern. In der Transaktionsanalyse werden sie „Eltern-Botschaften“ genannt.2. Sie sind das, was uns die Eltern innerlich ‚mitgegeben‘ haben, die Botschaften, die sie an uns für unser Leben gesendet haben. Eric Berne, der Begründer der TA und seine Nachfolger*innen, vor allem Taibi Kahler, haben diese Eltern-Botschaften erforscht und ‚aufgelistet‘. Sie erforschten, dass diese Eltern-Botschaften ihre Klienten schon in früher Kindheit ‚übermittelt‘ wurden und sie lebenslang begleiten und ihr Lebenskonzept („Script“) bestimmen.3 4

Die Eltern-Introjekte können positiv, negativ oder ambivalent für uns sein. Die Transaktionsanlayse (TA) hat typische Eltern-Botschaften aufgelistet, die negativ für unsere Entwicklung sind, die Entwicklung verhindern. Sie hat sie ‚Antreiber‚ genannt.

Eric Berne nennt 5 universelle (negative) Eltern-Botschaften (Skript-Botschaften) als Antreiber:5

  • Sei perfekt!
  • Sei (anderen) gefällig! („Mach es allen recht!“6)
  • Streng dich an!
  • Sei stark!
  • Beeil dich!

Diese Botschaften enthalten auch positive Elemente. Negativ wirken sie dadurch, dass die inneren elterlichen Stimmen keine Wahl lassen, solange sie nicht in Selbst-Botschaften transformiert wurden. „Du bist erst dann okay (und wirst von uns akzeptiert), wenn du dich entsprechend der Botschaften verhältst und nach Perfektion strebst, freundlich bist usw.

Noch schädlicher sind Bann-Botschaften (Bremser), die die betroffene Person nicht nur antreiben, sondern völlig abwerten, z. B.: 7 8

  • Sei kein Kind!
  • Benimm dich nicht so!
  • Stell dich nicht so an!
  • Lass das!
  • Hör auf zu heulen!
  • Sei nicht da! Sei unsichtbar:
  • Verbrauch kein Geld
Auch die Berufswahl wird von Eltern(-Botschaften) beeinflusst am Beispiel der Familie des Arztes Janos Plesch. Gemälde (1928) vom deutschen Maler Maks Slefogt

Das positive Gegenstück zu den Antreibern sind in der TA die Erlauber-Botschaften (oder kurz „Erlauber“ genannt). Sie bringen Wertschätzung zum Ausdruck und ermutigen, die Kontrolle über das eigene Leben selbst zu übernehmen. Beispiele dafür sind:7

  • Sei du selbst!
  • Nimm Dir die Zeit, die du brauchst!
  • Du bist gut genug, so wie du bist!
  • Gefalle dir selbst!
  • Tu es und habe Erfolg!
  • Sei offen und drücke deine Wünsche aus!

Die meisten ‚echten‘ Eltern-Botschaften sind jedoch komplexer und meist ambivalent, mit positiven und negativen Elementen.

Spezielle Script-Botschaften – Lebensplan

In einem ‚Klassiker‘ der TA beschreibt Schmale Riedel folgende Script-Botschaften als Basis für den eigenen Lebensplan.10

  • Ich bin nicht so wichtig
  • So, wie ich bin, bin ich nicht o. k.
  • Ich glaub, ich bin zu blöd
  • Ich darf nicht zu erfolgreich sein
  • Freude und Glück gibt es für mich nicht
  • Besser nicht so viel fühlen
  • Liebe und Nähe gibt es nicht für mich Nähe ist bedrohlich
  • Eigentlich hätte es mich nicht geben sollen
  • Ich bin böse, aber das darf keiner merken
  • Ich bin schuld
  • Ich muss stark sein und mich kümmern
  • Keiner darf merken, was hier eigentlich los ist

Auch hinter unbewussten Verhaltens-Mustern verstecken sich häufig schädliche Botschaften, z. B. Beim Jonas-Komplex („Sei bescheiden!“, „Mute dir nicht zu viel zu.“ …)11

Positive Eltern-Botschaften

Carl R. Rogers formulierte 7 grundlegende Botschaften, die Kinder von ihren Eltern für ihre Entwicklung (Entwicklung eines positiven Selbstkonzepts) brauchen.12

  1. Akzeptiere Dich so wie Du bist. Ich akzeptiere Dich auch so wie Du bist.
  2. Du bist ein wertvoller Mensch. Ich schätze dich. Ich behandle Dich wertschätzend und partnerschaftlich.
  3. Vertraue Deinen Gefühlen. Sie sind Navigationshilfen für Deinen Alltag. Ich akzeptiere den Ausdruck Deiner Gefühle.
  4.  Deine Entwicklung liegt mir am Herzen. Ich unterstütze Dich und gebe Dir, wenn möglich Anregungen.
  5. Du bist wichtig. Du bist wichtig, ich habe ein ehrliches Interesse an Dir.
  6. Du hast das Recht, ein autonomes, selbstbestimmtes Leben zu führen. Ich achte und unerstütze Deine Autonomie.
  7. Du hast das Recht, Sicherheit, Geborgenheit und Zuverlässigkeit zu erleben. Du kannst Dich auf mich verlassen.

Beispiel 1: Vater-Botschaft – Unternehmerin

Was sind die Botschaften meiner Mutter in mir? Hier: Portrait der Mutter von Albrecht Dürer um 1490 (Germanisches Nationalmuseum, Nürnberg)

Ein Beispiel ist die Vater-Botschaft einer mittelständischen Unternehmerin (Raumausstattung): „Übernimm das Geschäft, verwalte es gut und übergib es später in gutem Zustand an deine Kinder.“ Eine gute Eltern-Botschaft?  Ihre eigene Analyse (mit meinen Worten)

Übernimm das Geschäft.“ Positiv ist, dass mir der Vater das zutraut. Weniger positiv, dass ich eigentlich keine Wahl hatte. Es stand immer schon fest, dass ich einmal das Geschäft übernehmen werde. Alternativen kamen nicht in Frage. Meine ganze Ausbildung richtete sich danach.“

Verwalte es gut.„: Das passt nicht mehr in unsere Zeit. Wenn ich das Geschäft nur verwalte geht es unter. Verwalten genügt in unserer sich schnelllebig wandendlnden Welt nicht mehr. Ich soll es führen, ein passendes Geschäftsmodell finden, strategisch ausrichten, es transformieren, dass es in die heutige Zeit und zu mir passt.  …

Übergib es später in gutem Zustand an deine Kinder.“ Ich sehe das als Hypothek für mich und für meine Kinder. Ich will etwas Gutes aus meinem Geschäft machen, klar. Aber ich bin mir nicht so sicher, dass das derzeitige Geschäftsmodell auch Zukunfts-Chancen hat. Vielleicht will ich ganz etwas Neues draus machen. Und ich will auch meine Kinder nicht zwingen oder überreden, das Geschäft später zu übernehmen. Jede soll ihren eigenen Weg gehen, ob mit oder ohne das Geschäft.

Beispiel 2: Elternbotschaften beeinträchtigen die Stiefvater-Rolle

Guido ist ein attraktiver Selbständiger, Mitte 40, im Vertrieb tätig, freundlich, hilfsbereit mit hoher sozialer Kompetenz. Viele bezeichnen ihn als „netten Kerl mit dem man Pferdestehlen kann“ – oder so ähnlich. Seit 5 Jahren ist er mit einer neuen Partnerin, Ella, zusammen. Guido ist kinderlos – „leider“, wie er sagt, er hätte gerne eins gehabt, „aber es hat sich nie ergeben.“ Die bisherigen Partnerschaften waren aus seiner Sicht problembehaftet. Jetzt ist er in der besten Partnerschaft, die er je hatte. Guido hat seine Wohnung behalten aber ist mit seinen Sachen zu „seiner Frau“ gezogen.

Seine Partnerin hat einen Sohn, Enno in die Partnerschaft mitgebracht. Er ist jetzt 16 und Guido versteht sich im Prinzip gut mit ihm. Die schönste Zeit verbringt er jedoch, wenn der Sohn beim Vater und er mit Ella allein ist. Erst vor kurzem hat er einen wunderschönen Italien-Urlaub verbracht. Enno war inzwischen bei seinem Vater. Guido hält nicht viel von Ennos Vater: „Er ist nicht zu gebrauchen“. Dies ist auch der Grund, warum Guido meint, dass es wichtig ist, dass er auch in der Erziehung mitmischt, eine Erziehungsrolle für Enno zu übernehmen. Ein anderer Grund dafür ist, dass er ja selbst keine eigenen Kinder hat und so einen Ersatz findet. Es gibt zwar Diskussionen, aber im Prinzip akzeptiert das seine Partnerin, meint Guido.

Und in dieser Stiefvater-Rolle hat Guido auch ein gravierendes Problem, wie er sagt: Es passiert, dass ihn Enno so ärgert, dass er fast aus der Haut fährt. Er wird laut beginnt ihn anzuschreien und hat sich dabei nicht mehr unter Kontrolle. Nachher tut es ihm sehr leid, er würde das Ganze am liebsten ungeschehen machen. Seine Partnerin macht ihm zwar keine direkten Vorwürfe, aber sie geht doch ein Stück auf Distanz – nach solchen Ereignissen. Und Guido möchte diese Reaktion von ihm loswerden. Das letzte Beispiel, das Guide einfällt, als er so wütend geworden war: Enno schleckt das Messer ab. Das kann Guido überhaupt nicht leiden, da bekommt er Gänsehaut und es läuft ihm kalt über den Rücken und dann verliert er die Nerven.

Einige Hinweise / Interpretationen dazu:

  • Es handelt sich offensichtlich bei Guido um komplexhafte Reaktionen, Reaktionen, in denen psychische Komplexe aktiviert werden („sich konstellieren“) Psychische Komplexe sind -vereinfacht gesagt – Hotspots der Psyche, in der unverarbeitete Erfahrungen aus der Vergangenheit gesammelt werden. Werden solche Hotspots durch ein aktuelles Ereignis aktiviert, dann werden nicht nur die Gefühle der aktuellen Situation, sondern auch jene der Vergangenheit, die in diesem Komplex gesammelt sind, aktiviert. Die emotionale Reaktion kann so stark sein, dass man die Kontrolle über sich verliert. Dann gilt nicht: „Ich handle“ sondern „Es handelt mich.“ Oder auch nicht: „Ich habe einen Konflikt.“ sondern „Der Konflikt hat mich.“13
    Mit anderen Worten: Man sollte verstehen, dass man sich in einer Situation befindet, in der nicht nur die aktuellen Emotionen, sondern auch „alte Emotionen“ aktiviert werden.
  • In Guidos Vater ist das wahrscheinlich sein Vater-Komplex, der sich konstelliert, d. h. die generalisierten Erfahrungen zu dieser Person mit den dazu gehörenden Emotionen.
    Komplexe kann man nicht oder kaum loswerden, aber man kann ihnen die starke energetische Ladung nehmen, vor allem durch einen therapeutischen Selbsterfahrungs-Prozess: Sich erinnern / bewusst machen, benennen, akzeptieren, ausdrücken („Katharsis“), …
  • Erleichterung kann aber schon bringen, wenn es Guido gelingt, seine Stiefvater-Rolle neu zu definieren. Die Erziehung des Stiefsohnes ist nicht seine Angelegenheit, nicht seine Aufgabe. Man könnte sagen, es geht ihn nichts an. Das ist, wenn überhaupt, Aufgabe der Mutter (und des Vaters, wenn er anwesend ist). Im äußersten Falle kann er die Mutter dabei unterstützen. Das auch nur, wenn sie das will und ihn dazu ersucht. Wenn er sich mehr als neutrales Familienmitglied sehen kann, das eher beobachtet als bewertet und und das sich nicht aktiv einmischt, kann das zu seiner emotionalen Entlastung beitragen und der Komplex wird nicht aktiviert. Auch eine Rolle die ähnlich eines großen Bruders oder älteren Freundes entspricht, kann hilfreich sein: Ein Freund der der Mutter hilft, mit ihrem Sohn gut auszukommen und dem Sohn hilft, mit seiner Mutter gut auszukommen – ohne jedoch die Hilfe aufzudrängen („Helfer-Syndrom“)
  • Auch ein Perspektivenwechsel kann helfen: Nicht: „Der Sohn muss sich ändern“, sondern: „Ich soll/will mich ändern“, bzw. „Ich will lernen“. Er könnte lernen, diese Situationen einfach zu akzeptieren im Sinn: „Es ist wie es ist.“ anstatt sie sofort zu bewerten, wie uns die Der Bauer und sein Pferd lehrt. Hier ist Loslassen angesagt, loslassen von alten Bewertungen.
  • Vielleicht könnte sogar eine paradoxe Intervention helfen. Er könnte z. B. mit dem Sohn (und/oder der Mutter) reden und ihm sagen, dass er lernen möchte, solche Situationen ohne Bewertung zu sehen und damit auch ohne starke emotionale zu erleben und möchte sofort damit beginnen. Der Sohn wäre dann wie ein Lehrer / Entwickler für ihn, der ihn testet, wie weit er auf diesem Entwicklungsweg ist. Und jedes Mal, wenn es dem Sohn gelingt, ihn außer Fassung zu bringen und er zu schreiben beginnt, bekommt er ein kleines Geschenk, z. B. einen gewissen Geldbetrag, als Belohnung für die neue therapeutische Selbsterfahrung. Das Ganze wird dann zu einem Spiel und weniger ernst, was die Situation entlastet.
  • Auch das „Prinzip des Antwortens“ in der sinnorientierten Psychotherapie von Viktor Frankl bzw. in der Fassung von Längle kann hilfreich sein: Es ist nicht meine Aufgabe andere Menschen und Situationen zu bewerten, sondern die Realität zu akzeptieren und zu überlegen: Was ist meine beste Antwort auf diese Situation bzw. dieses Verhalten einer Person.14
  • In Guidos dominantem Vaterkomplex stecken Vater-Botschaften. Auf die Frage, ob Guido als Kind das Messer abschlecken durfte, antwortet er: „Nein, auf keinem Fall, mein Vater wäre aus der Haut gefahren.“ Das ist aber genau das, was Guido tut. Guido lebt noch nach seinen Eltern-Botschaften und das sind Introjektionen, von außen hineingelegten Botschaften, nicht seine eigenen, nicht seine Selbst-Botschaft. Er lebt nicht sein authentisches Leben, ist noch nicht losgelöst von den Eltern.
  • Auf die Frage, ob es ihm gelingen könnte, von dieser Vater-Botschaft loszukommen antwortet Guido: „Das wäre ein Verrat an meinem Vater.“ Tut er es aber nicht, so ist es an Verrat sich selbst.
  • Man erkennt an diesem Beispiel, wie schädlich nicht erkannte und nicht reflektierte Eltern-Botschaften sein können.

Beispiel 3: „Arbeit am Sonntag“

Dieses Beispiel wird im Beitrag „Warum lebe ich nicht mein authentisches Leben? Introjekte und Projektionen erkennen“ beschrieben. Es schildert das Erleben eines jungen Unternehmers, dessen spezifische innere Vaterbotschaft „Geh am Sonntagnachmittag in den Betrieb und bereite die Arbeitswoche vor“ beinahe seine Ehe zum Scheitern gebracht hätte.

Ego- und Selbst-Botschaften

Ego-Botschaften sind alle Botschaften15, die mein Handeln, mein Verhalten und mein Erleben leiten, egal, ob sie bewusst oder unbewusst sind, egal ob sie Introjekte sind (von außen hineingetragen) oder nicht.

Selbst-Botschaften sind die um  Introjekte gereinigten Botschaften, nach denen ich leben will, die meinem authentischen Leben Orientierung geben. Sie sind das Ergebnis meiner Lebens-Erfahrung, meiner Werte, meiner Einstellungen, meiner Lebensziele usw. Sie können Eltern-Botschaften beinhalten, wenn ich sie zu meinen eigenen gemacht habe. Dies sollte jedoch ein bewusster Reflexions-Prozess sein und nicht bloß ohne Prüfung übernommen worden sein16 17.

Beispiele für Selbst-Botschaften.

  • Ich bin anderen gegenüber – besonders meiner Familie – ein liebender Mitmensch.
  • Ich will frei, unabhängig und autonom leben, trotzdem dazu gehören und mich rücksichtsvoll verhalten.
  • Ich will mit meinen Erfahrungen und meinem Wissen dazu beitragen, Anderen zu helfen, ihr Leben zu leben, ihre Probleme zu lösen und ihre Ziele zu erreichen.

Die Summe der Selbst-Botschaften kann man in einem persönlichen Mission-Statement zusammenfassen.

Selbstreflexion

  • Überlege: Was war die Botschaft Deiner Mutter? Was wollte sie? Wie solltest du sein, was solltest du tun – nach den Meinungen, Vorstellungen und Wünschen deiner Mutter.
  • Mach das Gleiche mit deinem Vater (bzw. der Vater-Figur, Stief-Vater, …) in deiner Kindheit.
  • Was sind die positiven / negativen Punkte deiner Eltern-Botschaften.
  • Geh die oben formulierten positiven Eltern-Botschaften durch. Welche konntest (und kannst) du erleben?
  • Was sind deine Selbst-Botschaften? Wie willst du leben? Was willst du tun? Wie willst du sein? Fasse deine wichtigsten Selbst-Botschaften in einem persönlichen Mission Statement zusammen.
  • Analyse: Was ist stärker bei dir? Die Botschaften deiner Mutter oder die Botschaften deines Vaters? Welche Eltern-Botschaften entsprechen deiner Selbst-Botschaft. (Hintergrund: Bist du eher ein Vater- oder Mutter-Kind?)
  • Wenn du Kinder hast: Welche Botschaften sendest du an deine Kinder? Sehen deine Kinder das auch so?
  • Wenn du Führung-Funktionen ausübst: Welche Botschaften sendest du an deine Mitarbeiter?
  •  Welche Botschaften möchtest du in dir verstärken? Von welcher Botschaft möchtest du dich trennen?  Wie könnte dir das gelingen? Wer könnte dir dabei helfen?

Was treibt Dich an? – Selbstanalyse Deiner Antreiber

Im Internet gibt es zahlreiche Fragebogen („Tests“) zu den Antreibern („Mini-Script“) der Transaktionsanalyse18. Sie basieren meist auf dem Fragebogen von Rolf Rüttinger19 Im Folgenden einige Fragen zur Selbstanalyse zu den Antreibern:

Kurz-Fragebogen zu Antreibern

Mach eine Einschätzung, inwieweit Du den folgenden Behauptungen zustimmst, z. B. auf einer Skala von 1 bis 5: 1… keine Zustimmung … 5 … hohe Zustimmung.

„Sei perfekt!“

  1. Schlampige Menschen sind mir ein Gräuel.
  2. In der Regel kontrolliere ich meine Arbeiten mehrmals, bevor ich sie abliefere.
  3. Ich will auch nebensächliche Dinge gut erledigen.
  4. Ich bemühe mich, die an mich gestellten Erwartungen zu erfüllen oder zu übertreffen.

 

„Beeil Dich!“

  1. Menschen, die immer langsam „dahintrödeln“, regen mich auf.
  2. Meine Aufgaben erledige ich möglichst rasch.
  3. Wenn Andere zu langsam arbeiten, treib ich sie an.
  4. Beim Telefonieren erledige ich gerne nebenbei noch Aufgaben.

 

„Streng Dich an“

  1. Nur nicht locker lassen ist meine Devise.
  2. Menschen, die unbekümmert in den Tag hinein leben, sind mir ein Gräuel.
  3. Um erfolgreich zu sein, muss ich hart arbeiten.
  4. Um meine Ziele zu erreichen, bin ich bereit, mich anzustrengen.

 

„Sei gefällig“ („Mach es allen recht!“6)

  1. Mir ist wichtig, dass sich die Menschen in meiner Umgebung wohl fühlen.
  2. Es ist mir ein Anliegen, von Anderen akzeptiert zu werden.
  3. Stehen meine Wünsche und Bedürfnisse in Konflikt zu denen in meiner Umgebung, gebe ich meistens nach.
  4. Diplomatie ist meine Stärke.

 

„Sei stark“

  1. Ich achte sehr darauf, Anderen meine Schwächen nicht zu zeigen.
  2. Meine Gefühle zeige ich wenig oder gar nicht.
  3. Andere erkennen meine harte Schale. Aber ich habe auch einen weichen Kern.
  4. Ich will meine Probleme allein lösen.

 

Auswertung:

  • Bei welchen dieser 5 Antreibern hast Du die höchsten Werte? Bei welchen die geringsten.
  • Was sagt das über Dich, Dein Verhalten, Dein Erleben.
  • Wobei beeinträchtigt Dich der jeweilige Glaubens-Satz? Hilft er Dir auch in bestimmten Situationen? Wenn ja, in welchen?
  • Überprüfe, welche Erlauber-Sätze des dominanten Antreibers in der Tabelle im Anhang für Dich passen könnten. Stelle Dir vor, konkret nach diesen Sätzen zu leben: Was würde sich ändern in Deinem Verhalten? Wie würde sich das anfühlen?

Glaubens-Sätze in der Psychotherapie

„Alle persönlichen Durchbrüche
beginnen mit einer Änderung unserer Glaubensmuster.“
Antony Robbins21

In vielen Therapie- und Coaching-Traditionen spielen Glaubenssätzen eine wichtige Rolle – nicht nur in Form von Eltern-Botschaften, sondern ganz allgemein.22. Ruth Theuermann fasst sie auf sehr einfache und verständliche Weise zusammen:

  • „Glaubenssätze sind fest einprogrammierte Überzeugungen, die wir uns im Laufe unseres Lebens aneignen, weil wir sie z. B. von Eltern oder anderen Bezugspersonen übernehmen.
  • Glaubenssätze werden durch Verzerrung und Generalisierung von bereits Erfahrenem gebildet und verändert.
  • Sie sind Grundlage für unser alltägliches Handeln und beeinflussen unser Denken und unsere Wahrnehmung.
  • Glaubenssätze sind dafür verantwortlich, wie wir unser Umfeld bewerten und auf Ereignisse reagieren.
  • Es gibt blockierende, limitierende Glaubenssätze und positive, bestärkende Glaubenssätze.
  • Durch Wiederholung eines Glaubenssatzes oder durch emotionales Erleben werden Glaubenssätze geprägt und können auf dieselbe Weise auch wieder verändert werden.
  • Die meisten unserer blockierenden Glaubenssätze sind uns nicht bewusst!“23

Glaubenssätze sind generalisierte Überzeugungen bezüglich22

  • Ursachen und Zusammenhänge (z. B. Warum verhält sich mein Partner so? – Das hat er von seiner Mutter, die ist auch so dominant.)
  • Bedeutungen und Bewertungen (z. B. „Sport ist Mord“.)
  • der eigenen Ressourcen (Fähigkeiten, Stärken, Identität, …, z. B. „Ich bin ein Techniker, der für alles eine Lösung findet“)

Es gibt zahlreiche Interventions-Möglichkeiten zur Veränderung unserer negativen Glaubenssätze. Eine Interventions-Möglichkeit sind Affirmationen. Das sind selbstbejahend Sätze, die man wiederholt, um einen (inneren) Änderungsprozess in Richtung eines positiven Glaubenssystem einzuleiten.25

Anhang: Tabelle zu den Glaubenssätzen (Antreibern)

Quelle:26

Teil 1:

Teil 2:

Querverweise

Übersichtsblog: Abwertungen – Abwehr-Mechanismen.

Unzufrieden mit der eigenen Leistung – ein Fallbericht zur übermächtigen Mutterbotschaft.

Das Selbstverständnis der Führungskraft.

Warum lebe ich nicht mein authentisches Leben? Introjekte und Projektionen erkennen.

 

Literatur & Links

Eltern-Botschaften, Glabuens-Sätze, Mini-Script

Christina Rakebrandt Transaktionsanalyse: Ich-Zustände und Skriptbotschaften. Aus: coredynamik.de. https://coredynamik.de/wiki/doku.php/jahr1:transaktionsanalyse.

Eric Berne, 2006. Die Transaktions-Analyse in der Psychotherapie: Eine systematische Individual- und Sozialpsychiatrie (Originaltitel: Transactional Analysis in Psychotherapy: A Systematic Individual and Social Psychiatry). 1961, übersetzt von Ulrike Müller. Paderborn: Junfermann.

Bettina Libicky-Mayerhofer: Gesund führen: Angewandte Psychologie für Führungskräfte und BeraterInnen. Haufe-Lexware 2018.

Ian Stewart & Vann Jones, 2000. Die Transaktionsnalyse. Aus dem Englischen von Werner Rautenberg. Freiburg/Basel/Wien: Herder.

Bernhard Mack. 1999. Kontakt, Intuition, Kreativität. Paderborn: Junfermann.

Steffen Raebricht, Bernd Taglieber: Transaktionsanalyse – Eine Theorie für die Praxis. Aus: www.transaktionsanalyse-online.de. https://www.transaktionsanalyse-online.de/transaktionsanalyse/.

Steffen Raebricht, Bernd Taglieber: Lebensskript Transaktionsanalyse. Aus: www.transaktionsanalyse-online.de. https://www.transaktionsanalyse-online.de/lebensskript-transaktionsanalyse/.

Almut Schmale-Riedel: Der unbewusste Lebensplan. Das Skript in der Transaktionsanalyse. Typische Muster und therapeutische Strategien. Kösel 2016.

Taibi Kahler: Process Therapy Model: Die sechs Persönlichkeitstypen und ihre Anpassungsformen. Kahler Communication – KCG, Weilheim 2008, (Antreiber und Miniskript S. 20 ff.). Engl. Original:  The Process Therapy Model: The Six Personality Types with Adaptations. Kahler Associates. 2008.

Taibi Kahler: The Miniscript. Band 4, Nr. 1, 1974, S.  26–42. https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/036215377400400110. doi:10.1177/036215377400400110.

Ian Stewart, Vann Joines: Die Transaktionsanalyse. Freiburg, Basel, Wien: Herder. 2000.

Bernhard Mack: Kontakt, Intuition, Kreativität. Paderborn. Vom Umgang mit wachsender Komplexität im Management und Alltagsleben. Junfermann. 1999.

Terance McGuire: Astronauten: Überlegungen zu den aktuellen Methoden im Auswahlverfahren, zu Astronautenpersönlichkeiten und der Weltraumstation. Aus Kahler Communication – KCG – kcg-pcm.de. https://kcg-pcm.de/wp-content/uploads/2017/09/astronauten_nasa.pdf.

Sandy Brämer-Nadim: Die Bedeutung der frühen Botschaften an unser Selbstkonzept. Aus www.vfp.de, Verband Freier Psychotherapeuten, Verbandszeitschrift, Heft 4, 2016. www.vfp.de. https://www.vfp.de/verband/verbandszeitschrift/alle-ausgaben/76-heft-04-2016/894-macht-der-suggestion-die-bedeutung-der-fruehen-botschaften-an-unser-selbstkonzept.html.

Rolf Rüttinger, Reinhold Kruppa: Übungen zur Transaktionsanalyse. Windmühle, 2006.

Rolf Rüttinger: Transaktionsanalyse. Windmühle, Imprint von Feldhaus Verlag. 2019.  – Inhaltsverzeichnis.

Katharina Tempel: Innere Antreiber – So kommst du deinen Glaubenssätzen auf die Schliche. Aus: www.gluecksdetektiv.de. https://www.gluecksdetektiv.de/innere-antreiber/

Karin Schubert & Alexander Pöschel („die Schuschels“): Die Antreiber.  Aus: www.poeschel.net. https://www.poeschel.net/zeit/antreiber.php.

 

Psychologische Glaubenssätze

Michael Behn: Mach es auch dir Recht. Aus: blueprints.de. https://www.blueprints.de/beziehungen/nicht-allen-recht-machen.html.

Stephan Landsiedel: Glaubenssätze. in: landsiedel.com. https://www.landsiedel.com/at/nlp-bibliothek/glaubenssaetze.html. (mit verschiedenen Interventionstechniken des NLP)

Ruth Theuermann: Was Glaubenssätze mit einer Parklücke zu tun haben. Aus: r-source.at. https://www.r-source.at/was-glaubenssaetze-mit-einer-parkluecke-zu-tun-haben/.

 

Affirmationen

Geoffrey L. Cohen and David K. Sherman: The Psychology of Change. Self-Affirmation and Social Psychological Intervention. In: Annu.  Rev. Psychol. 2014. Aus: ed.stanford.edu. https://ed.stanford.edu/sites/default/files/annurev-psych-psychology_of_change_final_e2.pdf.

o. A.: Positive Affirmationen. Motivationskick für jeden Tag. Aus: karrierebibel.de. https://karrierebibel.de/affirmationen/.

 

Selbst – Ich – Ego

Verena Kast: Die Tiefenpsychologie nach C. G. Jung. Eine praktische Orientierungshilfe. Patmos Verlag. 2014.

Roland Kopp-Wichmann: Selbst, Ich und Ego – eine Begriffsbestimmung und eine Anleitung. Aus: www.persoenlichkeits-blog.de. 01.09.2007. https://www.persoenlichkeits-blog.de/article/131/das-selbst-das-ich-und-das-ego-eine-begriffsbestimmung.

Detlef B. Bartel: Das zeitlose Selbst: Was jeder über sich wissen sollte. BoD – Books on Demand. 2007.

Dieter Neubauer Wachenheim: Das Selbst und das Ich. www.zeit.de. (DIE ZEIT, 52/2000) 20. Dezember 2000. https://www.zeit.de/2000/52/Das_Selbst_und_das_Ich.

Werner Eberwein: Was ist das Selbst? www.werner-eberwein.de. https://www.werner-eberwein.de/was-ist-das-selbst/.

o. A.: Selbstkonzept – das ICH und das SELBST. Aus: entwicklung-der-persoenlichkeit.de.  https://entwicklung-der-persoenlichkeit.de/selbstkonzept#.

Dunja Voos: Das Selbst. Aus: www.medizin-im-text.de. 16.02.201.   https://www.medizin-im-text.de/2019/26012/ich-und-selbst/.

  1. Vgl. meinen Beitrag: Warum lebe ich nicht mein authentisches Leben?
  2.   Eltern-Botschaften sind ein wichtiges Thema in der Transaktionsanalyse (TA) aber auch in tiefenpsychologischen und therapeutischen Ansätzen, z. B. der Gastalttherapie.
  3.   Vgl. dazu Christina Rakebrandt Transaktionsanalyse 
  4. Zum Script als unbewusster Lebensentwurf oder Lebensplan vgl. Steffen Raebricht, Bernd Taglieber: Lebensskript Transaktionsanalyse
  5.   negative beliefs 
  6.   Zum Antreiber „Es allen recht machen wollen“ vgl. z. B. Michael Behn: Mach es auch dir Recht
  7.   Vgl. z. B. Christina Rakebrandt Transaktionsanalyse
  8.   Ähnlich:  ‚einschränkende Glaubenssätze‘ – limiting beliefs 
  9.   Vgl. z. B. Christina Rakebrandt Transaktionsanalyse
  10. Vgl.  Almut Schmale-Riedel: Der unbewusste Lebensplan
  11.   Vgl. meinen Beitrag zu Komplexen.   
  12.   Vgl. meinen Beitrag: Personen-zentrierte Kommunikation: Carl Rogers. Vgl. auch Sandy Brämer-Nadim: Die Bedeutung der frühen Botschaften an unser Selbstkonzept
  13.   Vgl. Glasl: Konfliktmanagement.
  14.   Vgl. den Beitrag: Wenn ich noch einmal leben würde – ein Gedicht zur Sinnfindung.
  15.   Ich nenne sie Ego-Botschaften. „Ich-Botschaft“ wäre ein passenderer Begriff, ist aber bereits in der Kommunikations-Psychologie belegt. Vgl. dazu meinen Beitrag Win-Win-Kommunikation.
  16.   Zur Unterscheidung von Ich und Selbst vgl. Roland Kopp-Wichmann: Selbst, Ich und Ego 
  17.   Das Selbst ist in der Analytischen Psychologie von C. G. Jung zugleich Ganzheit und Zentrum der menschlichen Psyche und enthält sowohl bewusste wie auch unbewusste Anteile. Vgl. Verena Kast: Die Tiefenpsychologie nach C. G. Jung,  S. 45 ff.
  18. Vgl. z. B. Katharina Tempel: Innere Antreiber,  Karin Schubert & Alexander Pöschel: Die Antreiber.
  19.   Rolf Rüttinger, Reinhold Kruppa: Übungen zur Transaktionsanalyse. Rolf Rüttinger: Transaktionsanalyse. S. 44ff. 
  20.   Zum Antreiber „Es allen recht machen wollen“ vgl. z. B. Michael Behn: Mach es auch dir Recht
  21.   zitiert aus Stephan Landsiedel: Glaubenssätze. Antony Robbins ist erfolgreicher  Autor, ‚Persönlichkeitstrainer‘  und Ausbilder von Coaches.
  22.   Vgl. Stephan Landsiedel: Glaubenssätze
  23.   Aus: Ruth Theuermann: Was Glaubenssätze mit einer Parklücke zu tun haben.
  24.   Vgl. Stephan Landsiedel: Glaubenssätze
  25.    Vgl. z. B. Geoffrey L. Cohen and David K. Sherman: The Psychology of Change. Affirmation.  
  26.   Aus: Katharina Tempel: Innere Antreiber  

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