Print Friendly, PDF & Email

Zusammenfassung

Original-Kinoposter

Summary: Im Frankreich der 20er Jahre wird ein ca. 10jähriger Bub, der bisher in einem Pariser Waisenhaus aufgewachsen ist, von einer Familie am Land aufgenommen. Dort ist er auf sich allein gestellt  und kommt in Kontakt eines im Wald bzw. am Fluss lebenden Wilderers. Dessen Leben fasziniert ihn.  1

Der Film

  • Genre:  Abenteuer-Film, Komödie, Drama, Familien-Film (freigegeben ab 6 Jahren)
  • Romanadaption (Autor = Drehbuchschreiber = Regisseur)
  • ein film-good-movie, nicht anspruchsvoll
  • geeignet für einen Film-Abend mit Familie

Plot mit Interpretation

Der Beginn

Célestine wird vom Direktor eines Kinderheims in Paris aufgefordert, Paul, einen ca. 10 jährigen Jungen aufzunehmen. Célestine ist die Einzige, die in den Akten des Jungen aufscheint. Widerwillig stimmt sie zu und nimmt den Jungen mit aufs Land, wo sie mit Borel auf einem großen Landgut des Grafen lebt. Beide sind auch beim Grafen beschäftigt, Borel als Wildhüter / Förster.

Erste Hälfte des Films: Begegnung mit der Natur und dem Wilderer

Das Ehepaar Célestine und Borel nehmen Paul auf

Wegen ihrer Arbeit haben Célestine  und Borel wenig Zeit für Paul, erlauben ihm aber, sich auf dem Gut, auch im Wald frei zu bewegen. Nur das Schloss / Gutshaus des Grafen und die Begegnung mit dem Grafen soll er meiden – so Celestine, denn der Graf mag keine Kinder, meint sie. Das Stadtkind kann vorerst am Land wenig mit seiner Freiheit anfangen, staunend beobachtet er das Landleben, den Umgang mit den Tieren, den Umgang der Mensch untereinander, den Umgang mit der Natur.

Paul erkundet den riesigen wunderschönen Wald und trifft auf Totoche, der auf einem Hausboot mitten im Wald wohnt. Verbunden mit der Natur führt er dort ein sehr einfaches und naturnahes Leben. Von Borel wird er abwertend als „Wilderer“ bezeichnet und von ihm gejagt. Er will ihn beim Wildern erwischen,  konnte ihm jedoch bisher nichts nachweisen. Auch der Graf weiß von Totoche, akzeptiert jedoch sein Leben und seine ‚Wilderei‘. Paul ist von Totoche und seinem naturnahen Leben fasziniert. und sucht seinen Kontakt. Totoche will jedoch vorerst von Paul nichts wissen. Erst als Paul ihm sagt, dass er auch in einem Gefängnis war, nämlich im Kinderheim wird er von ihm akzeptiert und und in die Regeln der Natur, der  Schule des Lebens eingeführt.

Im Wald triff Paul auf Totoche. Er lebt im Wald und lehr ihm die Natur – die Schule des Lebens.

Die Schule des Lebens mit ihren Entwicklungs-Möglichkeiten zeigt sich durch …

  • Bestehen von Herausforderungen und Abenteuern durch die und in der Natur (Fährtenlesen), aber auch
  • Erfahrungen der unterschiedlichen Einstellungen der Menschen zur Natur: z. B.
    • Borel’s Law-and-Order-Einstellung zur Natur (den Wald einzäunen und bewachen) versus
    • der offenen Einstellung zur Natur, wie sie Totoche, aber auch der Graf vertritt (Der Wald ist für alle da. Der Graf: „Der Wald ist kein Gefängnis“),
  • spezifische Beobachtungen in der Natur (verliebte, röhrende Hirsche, Entdeckung eines kapitalen Hirschs – 17-Ender, der später vom Grafen ‚begnadigt‘ wird, …)
  • Nachstellungen und Angriffe des Försters, die abgewehrt werden müssen,
  • Versuche von außen, Paul zu bewegen, Totoche zu verraten (was nicht gelingt, Paul bleibt loyal)
  • Konfrontation mit der Kultur der Zigeuner, die zwischen durch auf ihrer Wanderung in den Wald einziehen (diese Kultur findet Paul attraktiv, auch der Graf, der die Zigeuner besucht und begrüßt,

aber auch durch Nachforschungen in der Vergangenheit von Paul’s Familie.

2. Hälfte: Suche nach dem Ursprung von Paul’s Familie und ihren Geheimnissen

Borel ist der Wildhüter des riesigen Guts des Grafen. Er ist der Gegenspieler Totoche’s, bezeichnet ihn als Wilderer und verfolgt ihn gnadenlos.

Paul kennt seine Mutter nicht und weiß von seinem Vater nur, dass er aus dem Krieg nicht zurückgekehrt ist. Durch Betrachten von alten Familienfotos wird Paul’s Neugier angeregt. Aber seine Fragen werden von Célestine ausweichend beantwortet. Offensichtlich gibt es Familiengeheimnisse. Durch

  • Gespräche mit Totoche und Dédé,
  • Suche nach dem Grab der Mutter,
  • Gespräche mit einer alten Zigeunerin
  • Begegnungen und Gespräche mit dem Grafen

wird schließlich das ganze Familiendrama offengelegt. Paul’s Mutter wurde von ihrem Vater, den Grafen, verstoßen, weil sie mit einem Zigeuner zusammenlebte und ihn später in Paris heiratete. Ihr Vater, der Graf, ist nicht zur Hochzeit gekommen und hat ihre Briefe nicht beantwortet.

Célestine erzählt Paul ihre Version der Familien-Geschichte. Paul geht zum Grafen, macht ihm Vorwürfe. Der Graf, der einen Reitunfall hatte und jetzt schwer krank im Bett liegt, gesteht seine Schuld ein und bittet Paul um Verzeihung. Paul umarmt ihn und verzeiht ihm damit symbolisch.

Der Graf ist ein gütiger alter Mann. Er besucht Totoche manchmal, akzeptiert seine Lebensweise und teilt seine Einstellung zur Natur: „Der Wald ist kein Gefängnis.

Jetzt ist Paul gereift und selbstbewusster geworden. Das zeigt sich an einem Beispiel: Er  geht in den Hundzwinger mit vielen Jagd-Hunden, vor denen er sich vorher gefürchtet und die er gehasst hatte. Er weist die Hunde zurück, als sie ihn bedrängen, dann streichelt er sie. Aus dem rebellierenden, verschlossen und zurückweisenden Jungen ist ein selbstbewusster, furchtloser junger Mann (besser: Junge auf dem Weg zum Mann) geworden.

Am Ende stirbt der Graf. Paul gibt sogar (und auch das ist ein Entwicklungsschritt) – auf Aufforderung von Célestine – dem Toten einen Kuss auf die Wange, etwas das er vorher in jeder Form abgelehnt hatte.

Das Ende

In der Zeit zwischen dem Tod und der Testaments-Eröffnung will  sein im Gutshaus lebender Sohn, Monsieur Bertrand, der vermeintliche Erbe, alles ändern: den begnadeten Hirsch erlegen, Mauern und Zäune im Wald errichten, Bedienstete kündigen, Zigeuner vertreiben …. Vorher hatte er noch den Siegelring seines Vaters von einem Bediensteten überreicht bekommen. Er steckt sich den Ring an den Finger und man sieht deutlich, dass er ihm zu groß ist – ein Symbol, dass ihm ‚die Schuhe seines Vaters zu groß sind‘.  Den Abschuss des Hirschen verhindert die Dorfgemeinschaft, indem sie die Treibjagd begleitet und den Hirsch vertreibt Jetzt hilft sogar der Wildhüter hilft mit.

Totoche muss vor Borel auf der Hut sein. Er wird von ihm verfolgt. Borel will ihn der Wilderei überführen.

Bei der Testaments-Eröffnung stellt sich jedoch heraus, dass nicht Bertrand, der Sohn sondern Paul, das Enkelkind als Universal-Erbe eingesetzt wird. Er bekommt Gut und Gutshaus. Bertrand, der Sohn des Grafen, bekommt nur einen kleinen Teil des Erbes , nämlich das Eigentumsrecht an der Essigfabrik in Orléans samt der Wohnung dort. Unmittelbar danach verlässt Bertrand per Auto das Gut in Richtung Orléans. Bei der Verabschiedung wird er noch von Paul eingeladen, jederzeit zu Besuch zu kommen: „Das Gut steht für alle offen.“ So entlässt er Bertrand ‚im Guten‘, was für die Familien-Dynamik sehr förderlich ist. Er verschließt keine Türen. Jetzt versöhnen sich sogar Sogar Totoche und Borel , sie freunden sich an und Paul sagt erstmals „Maman Célestine“ zu seiner Adoptiv-Mutter, etwas, das er bisher abgelehnt hatte.

Kritik

Die positive Wende am Ende des Films geht etwas schnell vor sich, es wird ein Märchen-Ende nach dem Muster von Old Hollywood, und das ist auch die Kritik am Film: Ein einfacher, linearer Ablauf mit vorhersehbarem Ende, das alle zufrieden stellt. Auch die Figuren sind linear, eindimensional und oberflächlich: der gemeine Adoptivvater, der eigentlich liebenswerte Aussteiger, der reiche Onkel mit dem guten Herzen, der versnobte Sohn. Die Rollen entwickeln sich ohne großen Tiefgang.

„Insgesamt ist Vaniers Werk daher lediglich ausreichend genug fürs Heimkino um sich ein wenig von Naturbildern berieseln zu lassen, ohne Gefahr zu laufen, sich mit einem schweren Drama auseinander setzten zu müssen. Und selbst das klappt nicht so ganz, wenn sich die erste Hälfte des Films lediglich mit den Ausflügen in den Wald abgibt um später die blassen Charaktere alle irgendwie in der zweite Hälfte unterbringen zu wollen. Schlussendlich hätte man sich dann gewünscht, Paul und Totoche einfach weiter bei den täglichen lehrreichen Streifzügen zugucken können, um selbst auch noch dazuzulernen.“ (o. A.: Paul und die Schule des Lebens. )

Man wird aber dafür ein wenig entschädigt durch wunderschöne, eindrückliche Naturbilder. Und der Film enthält genügend ‚Stoff‘, um über sich, die eigene Vergangenheit und das eigene Leben nachdenken und reflektieren zu können. Aufgrund dieser Entwicklungs-Impulse kann man ihn als ‚Entwicklungs-Film‚ einstufen und für Selbstentwicklungs-Maßnahmen, Coaching und Movie-Therapie verwenden.

Cast und Daten

Paul lernt das Spurenlesen. Welches Tier war hier? Wann? Wie schwer war es? …

Frankreich, 10 / 2017 (DVD 03 /2019), 116 Minuten, Originaltitel: L’école buissonniére („die Schule schwänzen“). eng.: school of life.
Regie: Nicolas Vanier

Paul und seine Ursprungs-Familie

  • Jean Scandel als Paul, (Paul Lacassgne, später Caradec) Protagonist, ca. 10 jähriger Bub, wird von Célestine aus dem Kinderheim aufgenommen später stellt sich heraus, dass Célestine seine Tante ist.
    • Paul’s Mutter, Mathilde Caradec (geb. de La Fresnaye 1898 – 1915) – im Film nur als Foto. Wie wurde von ihrem Vater, dem Grafen verstoßen, weil sie einen Zigeuner (noch minderjährig) heiratete. Sie kam bei der Geburt ihres Sohnes ums Leben, wurde in einem Sarg zu ihrem Vater zurückgeschickt.
    • Der Vater, Jean Caradec (ein Eisenbahner, im Film nur als Foto) ist nicht aus dem Krieg zurückgekehrt, ist an der Front gestorben.
Paul lernt auch das Fliegenfischen

Die Menschen in seinem derzeitigen Leben

  • Valérie Karsenti als Célestine Borel, Adoptiv-Mutter, später stellt sich heraus: Paul’s Tante (Schwester der Mutter)
  • Éric Elmosnino als Borel, Celestine’s Ehemann, Wildhüter / Förster des Grafen, rigide Persönlichkeit
  • François Berléand als Graf von Fresnaye („Philippe Louis Alexandre de La Fresnaye“) ihm gehört der Wald und das ganze Umland, am Ende weiß man, es ist Paul’s Opa. Er stirbt gegen Ende des Films und vermacht  den Großteil des Vermögens nicht seinem Sohn Lucien, sondern seinem Enkel Paul.
  • François Cluzet als Totoche, der Wilderer, lebt im Wald, ist Wilderer, vom Graf geduldet, vom Förster gejagt. Er ist Paul’s ‚Lehrer des Lebens‘. (François Cluzet wurde bekannt durch „Ziemlich beste Freunde“, er ist auch hier Sympathie-Träger)
  • Urbain Cancelier als Lucien,
  • Thomas Durand als Bertrand,  de La Fresnaye, ungeliebter Sohn des Grafen, lebt auf großem Fuß, liebt vor allem das gesellschaftliche Leben (auch seine Frau) Er sah sich als Erbe, bekam aber letztendlich nur einen kleinen Teil davon.
  • Ilona Cabrera als  Bella, Zigeuner-Mädchen, freundet sich mit Paul an, wohnt in einem Baumhaus, lernt Paul das Küssen
  • Fréderoc Saurel als Dédé, Totoche’s Freund, fährt mit dem Schubkarren durch den Wald, hat schon Paul’s Mutter geführt
  • Thierry Robard als Armand, Chaffeur des Grafen

Entwicklungsthemen

Der Graf denkt nach. Wer soll seine Nachfolge antreten?

Themen mit Filmhinweisen

  • (vom Vater) ungeliebter Sohn (Bertrand)
  • geliebte aber verstoßene Tochter (Tochter des Grafen, Paul’s Mutter)
  • dysfunktionale Familie (ganze Familie)
  • Kontaktabbruch in der Familie, vom Vater verstoßen (Paul’s Mutter)
  • Adoption (Aufnahme von Paul bei Celestine und Borel)
  • Familien-Forschung, Suche nach den Familien-Wurzeln (Paul im 2. Teil des Films)
  • Familien-Geheimnis, Aufdeckung eines Familien-Geheimnisses (Paul: Wer ist meine Mutter? Was ist damals geschehen)
  • Erbe der Eltern, enterbt werden, überraschendes Testament (am Ende wird überraschend Paul Universal-Erbe)
  • alte Familienfotos zur Familien-Forschung (Paul findet alt Familienfotos, fragt nach)
  • Leben mit der Natur, naturnahes Leben, Lernen von der Natur, die Natur achten, im Einklang mit der Natur (lernt Paul von Totoche)
  • Ästhetik, Ästhetik der Natur (zieht sich durch den Film, begünstigt Entwicklung)
  • Moral und Ethik, Einstellungen zur Natur (ganz unterschiedlich: Totoche und der Graf versus der Wildhüter und Bertrand)
  • ‚Lebens-Fehler‘ (des Grafen), Fehler erkennen, verantwortungsvoll handeln
  • Tod eines nahen Verwandten (Opa)
  • Kontakt-Aufnahme zu einem bisher nicht bekannten Verwandten (Paul zum Graf, zu seinen verstorbenen Eltern)
  • Wiederholungs-Muster in Familien (Eltern des Grafen verhinderten seine Hochzeit mit einer Zigeunerin, der Graf wollte die Hochzeit seiner Tochter mit einem Zigeuner verhindern)
Am Ende geht alles gut aus. Paul und Totoche sind zufrieden.
  • Schuld (der Graf hat seine Tochter verstoßen, den Kontakt abgebrochen, die Briefe seiner Tochter nicht beantwortet, sich geweigert, sie zu sehen. Aber er war nach ihrem Tod schuldbewusst und schmerzerfüllt). Am Ende zu Paul: Es ist mir nicht gelungen, meine Tochter zu verstehen und ihr Glück zu akzeptieren. Ich habe alle unglücklich gemacht. … Ich bitte dich um Verzeihung.“
  • Angst, das Falsche zu sagen (Célestine konnte Paul das Geheimnis nicht eröffnen)
  • Besuch der Orte der Vergangenheit (z. B. Gedächtnis-Kapelle mit Grab der Mutter)
  • Schuldzuweisung, Vorwürfe, Schuldeingeständnis, Bitte um Verzeihung, Verzeihung (Paul und der Graf)
  • Versöhnung (Totoche und der Wildhüter)
  • Akzeptanz der Adopitv-Mutter (erst ganze am Ende sagt Paul „Maman“ zu Celestine, am Anfang ’siezt‘ er sie)
  • Schule des Lebens (lernt Paul in erster Linie von Totoche aber auch vom Grafen)
Paul akzeptiert jetzt auch seine (Adoptiv-)Mutter. Sie hat ihn über seine Vergangenheit aufgeklärt.
  • Stadt-Kind, fern der Natur (Paul)
  • Loyalität, Freund nicht verraten, Geheimnisse bewahren (zeigt Paul)
  • Freiheit, freies Leben, Autonomie, Individuation (Totoche) – im Gegensatz zur Normopathie.
  • Outlaw, wildes Leben, Wilderer-Leben (Totoche)
  • Fremdbestimmung, totale Organisation (Zwangs-Organisationen), Greedy Institutions verlangen Hyperinklusion (verlangen totale Einbindung und Loyalität, aber  ohne physischen Zwang), Gefängnis, Kinderheim (Erfahrungen von Paul und Totoche)
  • Kämpfen, falsche Autoritäten anzweifeln, Mut, Abgrenzung (lernt Paul von Totoche)
  • Einzäunen, Mauern und Zäune errichten (innerlich und äußerlich), gegen die Natur handeln, Kultur des Abzäunens und Eingrenzens (vertreten von Bertrand und dem Wildhüter)
  • äußere Mauern bewirken innere Mauern (Aussage des Kinderheim-Direktors zu Célestine)
  • Milde des Alters, Alters-Weisheit (der Graf)
  • Code of conduct, Code of Compliance, Unternehmens-Philosophie, Unternehmenskultur (sie ändert sich nach dem Tod des Grafen und wiederum nach der Testaments-Eröffnung)
  • Archetyp des wilden Mannes (Totoche)

Exkurs: Rigidität

Sogar Totoche und Borel versöhnen sich, werden Freunde.

„Ach die Welt ist so geräumig,
und der Kopf ist so beschränkt.“
Wilhem Busch2

 

Rigidität ist ein Persönlichkeitsmerkmal, das Starrheit / Unbeweglichkeit / Unbeugsamkeit in Einstellungen, Gewohnheiten, Verhaltensweisen, Denkweisen usw. zum Ausdruck bringt. Die rigide Person hat eine starke Beharrungs-Tendenz mit klaren aber unveränderlichen (und undiskutierbaren) Grundsätzen, Prinzipien und Vorgangsweisen.

Sie bringt wenig Bereitschaft für Wandel, für Veränderungen und Ausprobieren von Neuem  mit sich.  Sie ist nicht bereit, oft auch nicht fähig, Perspektiven zu wechseln und die Meinungen, Verhaltensweisen und Emotionen von anderen in Betracht zu ziehen oder gar zu akzeptieren. In den Riemann’schen Dimensionen nimmt eine rigide Person einen extremen Stabiltitäts-Anker auf dem Kontinuum Stablität – Wandel ein.

Dies bedeutet gleichzeitig einen Mangel an Empathie und an Flexibilität – zwei polare Gegensätze zur Rigidität3 und beeinträchtigt oder verhindert auch persönliches Wachstum und innere Entwicklung, da die Person nicht bereit ist, die Komfortzone zu verlassen.

Der Mangel an Flexibilität umfasst auch die funktionale Fixierung, d. h. die Unfähigkeit neue Anwendungen für gewohnte Objekte zu erkennen. Ist diese Ausprägung extrem, so wird sie zu einer zwanghaften Persönlichkeitsstörung oder sogar pathologisch zu einer OCD (obsessive-compulsive disorder, Zwangsstörung, Zwangserkrankung) mit Zwangsgedanken und Zwangshandlungen.

Auf andere wirkt eine rigide Person oft streng und abweisend, manchmal auch perfektionistisch.

Rigidität ist nicht nur ein mögliches Merkmal für Menschen sondern auch für soziale Systeme (Teams, Abteilungen, Organisationen / Unternehmungen). Sie beinhaltet die Tendenz des sozialen Systems, sich notwendigen Veränderungen zu widersetzen. Jim Collins4 hat gezeigt, das besonders (ehemals) erfolgreiche Unternehmen gilt. Collins beschreibt das als fünfstufigen „Weg der Schande“. Sie beginnt mit der Überheblichkeit, die auf der Basis des Erfolgs, wie man meint, berechtigt erscheint (Phase 1: aus dem Erfolg geborene Überheblichkeit). Gibt es Schwierigkeiten am Markt, versucht man das mit einem beschleunigten Wachstum (Phase 2: undisziplinierte Verfolgung des Mehr) und einer Vermeidung von Risiken (Phase 3: Verneinung von Risiko und Gefahr) zu bewältigen. Hilft das auch nicht, so sucht man ‚Wundermittel‘ zur Rettung des Unternehmens (Phase 4: Suche nach Erlösung), deren Scheitern in einer Kapitulation mündet (Phase 5: Kapitulation in die Irrelevanz und der Tod).

Querverweise

Links und Literatur

o. A.: Paul und die Schule des Lebens. Aus: filmstarts.de. http://www.filmstarts.de/kritiken/238139.html.

o. A.: Paul und die Schule des Lebens. Aus: film-rezensionen.de. https://www.film-rezensionen.de/2019/09/paul-und-die-schule-des-lebens/.

 

o. A.: L’école buissonniére. Aus: imdb.com. https://www.imdb.com/title/tt6330246/?ref_=nm_flmg_act_7.

o. A.: L’école buissonniére. Aus: en.wikipedia. https://en.wikipedia.org/wiki/L%27%C3%A9cole_buissonni%C3%A8re.

 

Rigitdität

Len StewinThe concept of rigidity. An enigma. International Journal for the Advancement of Counselling, volume 6, S. 227–232 (1983). Aus: link. springer.com. https://link.springer.com/article/10.1007/BF00124273.  doi:10.1007/BF00124273

o. A.: Rigidity. Aus: en.wikipedia.org. https://en.wikipedia.org/wiki/Rigidity_(psychology). (eng.: Good to great.

Penelope Jane Leach. A Critical Study of the Literature Concerning Rigidity. British Journal of Social and Clinical Psychology. February 1967 6 (1): 11–22.  doi:10.1111/j.2044-8260.1967.tb00494.x.

 

Rigidität von sozialen Systemen

Jim Collins: Der Weg zu den Besten. Die sieben Management-Prinzipien für dauerhaften Unternehmenserfolg. Campus-Verlag 2011.
engl.: Why Some Companies Make the Leap…And Others Don’t. Instaread. (Instaread Summaries). 2015.

Heinz K. Stahl: Die sieben Steine eines Weisen. Aus: faz.net. 29.08.2011. https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/wirtschaft/die-sieben-steine-eines-weisen-11128530.html.

o. A.: Leiten in Zeiten von Ungewissheit. Erprobte ManagementPrinzipien für dauerhaften Unternehmenserfolg. Aus: akademie.hrp-heinze.com. https://www.akademie.hrp-heinze.com/fileadmin/PDF/CON/Publikationen/Leiten%20in%20Zeiten%20von%20Ungewissheit%2CFachinformation.pdf.

o. A.: Das Gute ist der Feind des Besten. Aus: vmm-lebenswert.at. http://www.vmm-lebenswert.at/vmm/wp-content/uploads/2014/09/Das-Gute-ist-der-Feind-des-Besten1.pdf.

Heiner Reinke-Dieker: Vorsicht! Rigidität. Wie es im Unternehmen gelingt, für unangenehme Wahrheiten und unerwartete Möglichkeiten offen zu bleiben. Heiner Reinke-Dieker. literatur-vsm, 2014.

 

Totale Organisation, Greedy Institution, Hyperinklusion (Gefängnis, Kinderheim)

Erving Goffman: Asyle. Über die soziale Situation psychiatrischer Patienten und anderer Insassen. Suhrkamp, Frankfurt am Main 1973
engl. Original:  Asylums. Essays on the Social Situation of Mental Patients and other Inmates. Routledge 2017. (1 – Anchor Books, Garden City, N.Y. 1961)

Markus Göbel, Johannes F. K. Schmidt: Inklusion / Exklusion. Karriere, Probleme und Differenzierungen eines systemtheoretischen Begriffspaars. In: Soziale Systeme. 4, Heft 1 (1998), S. 87–117. Aus: pub.uni-bielefeld.de. https://pub.uni-bielefeld.de/download/2942492/2942535/g%C3%B6bel_schmidt_inklusion-exklusion.pdf.

Lewis A. Coser: Greedy Institutions. Patterns of Undivided Commitment. The Free Press, New York 1974.

Jan Currie, Patricia Harris, Bev Thiele: Sacrifices in Greedy Universities. Are they gendered? Gender and Education, 2000, Vol. 12, Nr. 3, S. 269–291. S. 270. Aus: tandfonline.com. 1. 7. 2010. https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/713668305. DOI  https://doi.org/10.1080/713668305.

 

Archetyp des wilden Mannes

Robert Bly: Eisenhans. Ein Buch über Männer. Rowohlt 2005.

o. A.: Archaische Power. Aus: spiegel.de. 19. 8. 1991. https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13489395.html.

  1.   Vgl. o. A.  imdb.
  2.   zitiert aus:  Heiner Reinke-Dieker: Vorsicht! Rigidität
  3.   Vgl. Len StewinThe concept of rigidity.
  4.   Jim Collins: Der Weg zu den Besten.  

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert