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Konflikt und Kampf in Farben ausgedrückt. Das Nachtcafe. Vincent van Gogh, (1988, Yale University Art Gallery)1“ (Brief 533) Letter from Vincent van Gogh to Theo van Gogh, Arles, 8. September 1888., zitiert aus wikipedia: Das Nachtcafe ]

Führungskräfte sind häufig mit Konflikten konfrontiert, die ihnen über den Kopf wachsen. Häufig haben diese Führungskräfte schon einige „Lösungs-Versuche“ unternommen, die aber im Endeffekt nichts gebracht haben, z. B. …

Beispiele

Einige Beispiele anhand von konkreten Aussagen von Führungskräften:

  • „Ich habe mit den beiden zerstrittenen Mitarbeiter_innen einzeln gesprochen und ihnen gesagt, ich könne das nicht akzeptieren. Sie haben versprochen sich ‚zusammenzureissen‘ (sich zu bemühen). Dann war ein paar Tage Ruhe, dann ist es wieder losgegangen. Es war wieder alles wie zuvor.“
  • „Ich habe lange zugewartet, ich dachte, das wird sich von selbst regeln. Schließlich mag ich kein Mikro-Management. Aber es gab vor einige Zeit eine Explosion und alle sind zu mir gekommen, um sich zu beschweren. Jetzt ist alles etwas außer Kontrolle geraten. Eine wichtige Mitarbeiterin hat jetzt gekündigt.“
  • „Ich habe in meinem Team zwei Cliquen, deren Teilnehmer_innen miteinander befreundet sind und miteinander essen gehen. Aber zwischen den Cliquen findet fast keine Kommunikation statt. Ich habe versucht, die Situation im Team-Meeting anzusprechen, aber es gab keine Reaktionen, nur eisiges Schweigen.“

In solchen Situationen suchen Führungskräfte manchmal Unterstützung bei Berater_innen, Coachs, Trainer_innen, Mediator_innen, Konflikt-Manager_innen … Wie kann / soll diese Unterstützung aussehen? Was kann man von ihnen erwarten?

Alternative Vorgangsweisen

Prinzipiell sind drei Vorgangsweisen zur Unterstützung der Führungskraft üblich:

  • die Coaching Schiene
  • die Schiene der Mediation / Konflikt-Moderation
  • die (Fort-)Bildungs bzw. Entwicklungs-Schiene

Sie münden in einer vierten Schiene, den

  • Führungs-Instrumenten zur Konflikt-Bewältigung.

1. Coaching

Coaching bedeutet in diesem Zusammenhang, die Führungskraft in Einzel-Gesprächen zu begleiten und sie dabei zu unterstützen, den Konflikt selbst zu lösen. „Lösen“ heißt dabei, Vorgangsweisen und Maßnahmen im Rahmen der Führungs-Tätigkeit zu finden, die das Problem handhabbar macht. Und das erfolgt in einem iterativen Prozess, in dem laufend Lösungen gesucht und vereinbart werden, die in der jeweils nächsten Coaching-Sitzung reflektiert und korrigiert, bzw. fortgeführt und verfeinert werden.

So bekommt die Führungskraft

  • Unterstützung bei der Konflikt-Diagnose
  • eine Außen-Perspektive der ganzen Situation, die Perspektive eines Neutralen Dritten
  • ein größeres Spektrum an Aktions-Möglichkeiten zur Handhabung der Situation
  • klare Vorstellungen von einem professionellen Vorgehen in Konflikt-Situationen, besonders bei Führungs-Konflikten
  • da auch die Verhaltensweisen des Klienten und seine inneren (kognitiven und emotionalen) Begleit-Prozesse Gegenstand des Coachings sind, generell einen Lern- und Entwicklungs-Prozess des Klienten.

Die vereinbarten Maßnahmen sind vor allem

  • einerseits (äußere) Maßnahmen im Rahmen des Führungs-Instrumentariums (Gespräche, Meetings, Klausuren, …)
  • und andererseits (innere) Aufgaben der Selbst-Reflexion und der Entwicklung von umfassenderen Strategien für den eigenen Führungs-Bereich.

2. Lern- und Entwicklungs-Massnahmen

Manche Führungskräfte erkennen in Konflikt-Ereignissen in ihrem Team bei ihren eignen Kompetenzen Mängel bzw. Entwicklungsfelder und beschließen für sich eine Entwicklungs-Maßnahme, z. B. ein Seminar.

Sinnvoll wäre vor allem ein pragmatisches, erfahrungs-orientiertes Seminar, in dem Lösungen für eigene Konflikte erarbeitet und Aktionspläne erstellt werden. Auch transfer-unterstützende Maßnahmen, wie beispielsweise „reale Lernpartner“ (Treffen mit einem Peer nach dem Seminar zur Unterstützung der Umsetzungs-Vorhaben)

3. Meditation / Konflikt-Moderation

Konflikt-Moderation ist die klassische Form der Unterstützung einer Führungskraft bei größeren, eskalierten Konflikten. Ab einer bestimmten Eskalations-Stufe kommt man in der Regel nicht mehr ohne „Neutralen Dritten“ zu guten Lösungen. Diese neutrale Person tritt als Moderator auf, wobei eine Vielzahl von Moderations-Formen und speziellen Tools zum Einsatz kommen können.

Der Ablauf eines Konflikt-Moderation-Prozesses ist jedoch in den unterschiedlichen Ansätzen sehr ähnlich und unterscheidet sich stärker nach der Art des jeweiligen Konflikts: Ist die Führungskraft selbst direkt betroffen oder nicht? Welche Eskalations-Stufe hat der Konflikt? Ist das ganze Team betroffen? Ist ein größerer betrieblicher Bereich betroffen? etc.

a) Kontakt-Aufnahme und Vorgespräche

  • Kontaktaufnahme, Vereinbarung eines Vorgesprächs
  • Rahmenklärung, Angebot, …
  •  

b) Diagnose, Auswertung, Rückmeldung und Planung der Interventionen

  • Erste Diagnose- (und Planungs-)Gespräche mit Auftraggeber und Ansprechpartner
  • Klärung des Rahmens, des Umfangs, der Art und der Intensität der Diagnose
  • Kick Off und Diagnose-Gespräche, ev. daneben Steuerungs-Gespräche
  • Auswertung, Konflikt-Themen, Hypothesen-Bildung
  • Rückmeldung und Vereinbarung der Interventionen (Entscheidung über Art und Umfang der Weiterarbeit).

c) Planung der Interventionen

An diesem Punkt erfolgt eine Entscheidung über die Art der Weiterarbeit.

  • Planung eines Moderations-Events: Dies ist die ’normale‘ Fortsetzung der Moderations-Schiene
  • Weiterarbeit in Coachings. Aufgrund der Diagnose kann es auch sinnvoll sein, dass die Führungskraft die weitere ‚Moderation‘ selbst übernimmt und in einem Coaching-Prozess dabei unterstützt wird.
  • Übergabe in den Führungs-Alltag: Die Führungskraft arbeitet allein ohne (externe) Unterstützung. Auch das ist eine mögliche Alternative. Manchmal hat sich z. B. der Konflikt in der Phase der Diagnose-Gespräche gelöst oder zumindets de-eskaliert und ent-krampft. Die Führungskraft traut sich jetzt zu, die restlichen Konflikt-Interventionen in den Führungsalltag überzuführen.

d) Interventionsformen und -Ansätze der Konfliktmoderation

Bei diesem Event kommen alle Konflikt-Beteiligten zusammen, um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Voraussetzung ist ein Mindestmaß an Bereitschaft zur Mitarbeit.

Es gibt zahlreiche Formen von Interventions-Techniken, die unterschiedlichen Ansätzen entsprechen. Einige Beispiele:

  • Klassische Konflikt-Moderation: entwickelt aus der Problemlösungs-Moderation mit strenger Phasen-Strukturierung: Einsteigen, Sammeln, Auswählen, Bearbeiten, Abschließen (z. B. nach Josef Seifert2)
  • Klärungshilfe nach Christoph Thomann3
  • Systemische Konflikt-Moderation (z. B. nach Fritz Simon4 )

4. Führungs-Instrumente zur Konflikt-Bewältigung

Alle Unterstützungs-Maßnahmen zur Konflikt-Bewältigung münden in den Führungs-Instrumentarien. Im Vordergrund stehen Gesprächs-Tools, vor allem

  • Erwartungsgespräche: Nicht bewusste bzw. nicht ausgedrückte Erwartungen sind ein häufiger Kern für Spannungen und Konflikte
  • Klärungs-Gespräche: Zur Klärung der Situation bzw. Ursachen von Spannungen
  • Vereinbarungs-Gespräche: Um z. B. nach Erwartungs- oder Klärungs-Gesprächen zu konkreten Ergebnissen zu kommen
  • Nachfass-Gespräche: Um auch an den kleinen Schrauben zu drehen
  • Abschluss-Gespräche: Um eine Konflikt-Sequenz zu beenden
  • pädagogische Korrektur-Gespräche: nur in seltenen Ausnahmefällen einzusetzen, aber häufig verwendet
  • (Jährliche) Mitarbeiter-Gespräche: Sie bilden einen guten Rahmen, um Konflikte anzusprechen oder den Stand einer Konflikt-Klärung zu reflektieren
  • Team-Meetings: Eine gute Möglichkeit, um einen Check durchzuführen, ob ein Konflikt im Team entstanden ist und einen Konflikt-Klärung-Prozess einzuleiten
  • Team-Klausuren: Hier können auch größere Konflikte (vor allem bei externer Begleitung) Konflikte in Teamentwicklungs-Klausuren bearbeitet und gelöst werden.

Querverweise

Links

Literaturhinweise

Center for Applied Research: Role Negotiation Process

Friedrich Glasl: Konfliktmanagement. Ein Handbuch für Führungskräfte, Beraterinnen und Berater. Bern. 11. Auflage. 2017.

Friedrich Glasl: Selbsthilfe in Konflikten. Konzepte – Übungen – Praktische Methoden. Haupt Verlag, Verlag Freies Geistesleben, 2015.

Friedrich Glasl, Dudley Weeks: Die Kernkompetenzen für Mediation und Konfliktmanagement: Ein Praxisbuch mit Fallbeispielen auf DVD. Stuttgart: Concadora Verlag. 2008.

Harrison, R. (1971), Role negotiation: a toughminded approach to team development.In: Burke, W., Hornstein, H., The socialtechnology of organisation development.Washington.

Kolodej, Christa (2016), Strukturaufstellungen für Konflikte, Mobbing und Mediation. Vom sichtbaren Unsichtbaren. Wiesbaden.

Melbye, S. & Neumann, V. I. (2011). Höhen, Tiefen, Wendepunkte –die Panoramatechnik in der Konfliktberatung. Erprobung und Erweiterung einer Methode zur Einzelberatung bei zwischenmenschlichen Konflikten. Bachelorarbeit am Fachbereich Psychologie, Universität Hamburg. Abzurufen unter http://alumni-psychologie.de/.

Viviane Irina Neumann: Der Einsatz von Symbolen und Bildern in der Mediation

H. Niedderer, H. Fischler, E. Sumfleth [Hrsg.]: Science Education: Empirie, Kulturen und Mechanismen der Didaktik der Naturwissenschaften (Hinweise zur symbolischen Algebra in der qualitativen (‚verstehenden‘) Sozialforschung, S. 73 ff.).

Gerburgis A. Niehaus: Konflikte lösen mit 3 Fragen: Neue Impulse durch die „Cappuccinoblick-Methode“ für wirkungsvolle Prozesse in Coaching, Beratung & Teamarbeit. 2015.

Scheinecker, Martina (2012), Lösungsfokussiertes Konfliktmanagement in Organisationen. Der kürzeste Weg zur nachhaltigen Lösung.

Werner Schienle, Andreas Steinborn: Psychologisches Konfliktmanagement: Professionelles Handwerkszeug für Fach- und Führungskräfte, 2016.

Christiane Schiersmann, Heinz-Ulrich Thiel: Moderation und Mediation bei Konflikten und Widerstand gegen Veränderungen.

Josef W. Seifert: Konfliktmoderation – Mediation im Unternehmen.

Sparrer, Insa (2014), Einführung in Lösungsfokussierung und Systemische Strukturaufstellungen. Heidelberg.

Sparrer, Insa (2014), Wunder, Lösung und System.Heidelberg.Vorhemus, Ursula (2015), Systemische Strukturaufstellungen (SySt®). Transverbal -Grammatisch. Aachen.

Christoph Thomann, Friedemann Schulz von Thun:
Klärungshilfe 1: Handbuch für Therapeuten, Gesprächshelfer und Moderatoren in schwierigen Gesprächen, 2011
Klärungshilfe 2: Konflikte im Beruf: Methoden und Modelle klärender Gespräche, 2013
Klärungshilfe 3: Das Praxisbuch
Klärungshilfe konkret: Konfliktklärung im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich

trigon: Konflikte bearbeiten? Organisation entwickeln? Beides!

Woodman, Richard W.,  Sherwood, John J.: The role of team development in organizational effectiveness: A critical review.

Chris Zvitkovits: Solution-focused Conflict Survey. Positive Selbstdiagnose bei Konflikten in Organisationen.

 

  1. „Ich habe versucht, mit Rot und Grün die schrecklichen menschlichen Leidenschaften auszudrücken. Der Raum ist blutrot und mattgelb, ein grünes Billard in der Mitte, vier zitronengelbe Lampen mit orangefarbenen und grünen Strahlenkreisen. Überall ist Kampf und Antithese […
  2. Josef Seifert: Konfliktmoderation. Ein Leitfaden zur Konfliktklärung
  3. Christoph Thomann:
    (mit Friedemann Schulz von Thun) Klärungshilfe 1: Handbuch für Therapeuten, Gesprächshelfer und Moderatoren in schwierigen Gesprächen, 2011
    Klärungshilfe 2: Konflikte im Beruf: Methoden und Modelle klärender Gespräche, 2013
    Klärungshilfe 3: Das Praxisbuch
    Klärungshilfe konkret: Konfliktklärung im privaten, beruflichen und öffentlichen Bereich (mit Barbara Kramer)
  4. Fritz B. Simon: Einführung in die Systemtheorie des Konflikts. Carl-Auer Verlag, vgl. docplayer dazu, vgl. auch Karim Fathi:
    Vieldimensionalität und Methodenpluralismus in der Mediation von Alltagskonflikten Konzeptionelle Überlegungen

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