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„Wo deine Talente
die Bedürfnisse dieser Welt kreuzen,
dort liegt deine Berufung.“
Aristoteles

Paul Gauguin: Gemälde „Der Sinn des Lebens: Woher kommen wir? Was sind wir? Wohin gehen wir?“ (1897, im Museum of Fine Arts, Boston). Gauguin malte das Bild, um den Tod seiner Tochter zu verarbeiten. Er wollte sich nach Beendigung des Gemäldes das Leben nehmen. Der Versuch misslang.

Mission Statements finden vor allem als normativer Ausdruck von Organisationen Verwendung. Sie beschreiben die  Daseinsberechtigung des Unternehmens und anderer Organisationen und sollen die Identität und den Zusammenhalt in der Organisation fördern.

Mission Statements  sind jedoch auch für Personen sinnvoll. Sie stärken das Selbstbewusstsein und die Identität der Person und geben deren Leben Orientierung.

Ich finde es sinnvoll, wenn ein persönliches Mission Statement zwei Anteile hat:

  • identitäts-orientierte Anteile
  • sinnorientierte Anteile.

Identitäts-orientiertes Mission Statement

Identitäts-orientierte (Anteile von) Mission Statements beschreiben in wenigen komprimierten Sätzen die eigene Identität, z. B. als Zusammenfassung eigener Persönlichkeits-Merkmale oder der eigenen Stärken (stärken-orientiertes Mission Statement). Eine gute Basis für die Erstellung so eines Mission Statements ist eine Persönlichkeits-Diagnose1 oder eine Stärken-Analyse, die es in zahlreichen Varianten gibt. Besonders wertvoll finde ich den VIA-IS-Fragebogen2.

Hat man das Ergebnis dieser Diagnose in Form von Signatur-Stärken, dann lässt sich daraus relativ einfach ein stärken orientiertes Mission Statement formulieren. Es beginnt meist mit Formulierungen wie

  • Ich bin ein Mensch, der …
  • Ich bin eine Frau, die …
  • Ich bin ein Mann, der …
  • Ich bin eine Studentin, die …
5 Faktoren der Persönlichkeit („Big Five“)

Die weiteren Formulierungen beantworten die Fragen, wie …

  • Wer bin ich?
  • Was macht mich aus?
  • Was ist mir wichtig?
  • Was will ich (in meinem Leben, in meinem Beruf …)?
  • Was macht mich einmalig? Was ist mein USP3?

Sinn-orientiertes Mission Statement

The-Meaning-of-Life-Butterfly

Sinn-orientierte Versionen bzw. Anteile beschreiben die Wert-Aussage einer Person. Sie hat unterschiedliche Bezeichnungen bzw. Ausprägungen, z. B.

  • Mission (im engeren Sinn)
  • Lebensaufgabe, Sinn-Dimension
  • Daseins-Berechtigung einer Person
  • den Beitrag, den ich für das Leben Anderer leiste
  • Beitrag, den ich zu einem höheren Ganzen (Abteilung, Unternehmen, sozialen System, Region, Staat, Welt) leisten will
  • Berufung, Passion, Lebens-Zweck (purpose)
  • das WHY4 einer Person
  • das, was uns das Gefühl gibt, dass wir Teil von etwas sind, das uns übersteigt5.

Simon Sinek schlägt ein besonderes Format für dieses WHY, wie er es nennt, vor:

  1. Was ist mein Beitrag auf dieser Welt, bzw. in meiner Organisation, meinem Beruf, …: („Mein Beitrag ist …“)
  2. Was will ich damit bewirken („damit …“ bzw. „um zu …“)

Finde Dein Mission Statement (Vorgangsweise)

Folgende Vorgangsweise wird vorgeschlagen:

  1. Mache eine freie oder strukturierte Stärken-Diagnose (Ressourcen-Diagnose, Persönlichkeits-Diagnose, …)
  2. Exploriere daraus zentrale Stärken- / Persönlichkeits-Formulierungen für dich
  3. Schreibe daraus dein (identitäts-orientiertes) Mission Statement. Schreibe es soweit wie möglich in einem intuitiven, rechts-hemisphärischen Mental-Zustand: entspanne dich vorher, lass dich von einer geeigneten Musik unterstützen, nimmt Kontakt zu tieferen Schichten deines Selbst auf, konzentriere dich auf deine Sinnes-Wahrnehmungen, … dann: „Lass es schreiben…“ Du hast dann die Chance, dass es ein authentischerer Ausdruck deines Selbst ist, als in einem links-hemisphärischen, analytischen Mental-Zustand.
  4. Ergänze deine Formulierungen mit den sinn-orientierten Anteilen
  5. Überarbeite deine Formulierungen mehrmals, bis es eine klare, authentische Formulierung wird.
  6. Bespreche und überarbeite deine Formulierungen mit einem Lernpartner (Coach, Entwicklungs-Partner, Gesprächs-Partner deines Vertrauens – mit Entwicklungs-Absichten, …)

Who is my self? – What is my work?

Das What-how-why-Modell von Simon Sinek hat Verwandtschaft mit den 2 Grundfragen der Kreativität von Michael Ray, einem legendären Vortragenden an der Stanford University6

Die 2 Grundfragen sind:

  • „Who is my self?“: Das entspricht dem „Werde, der du bist.“ und
  • „What is my work?“: Was ist meine Lebensaufgabe? Was ist mein Auftrag? ? Wofür bin ich hier?

Der zweite Punkt, die Lebensaufgabe, entspricht dem Why von Sinek: „Was ist mein ‚Why‘?“.

Ray ist Kreativitäts-Forscher. Er sucht nach den Quellen der Kreativität.

„For Ray, creativity is not an every-now-and-again exercise — the search for one great eureka moment. Nor is it about coming up with an incredible idea-the next billion-dollar innovation. For Ray, creativity is a way of life. Forget cookie-cutter brainstorming techniques or tips for better meetings. Underlying Ray’s course is a search for answers to two fundamental questions: “Who is my self?” and “What is my work?” You can’t know what and how you want to create, he argues, until you know who you are and what you hope to do with your life.

‚In order to deal with the chaos that exists in the world today,‘ says Ray, ‚you need some grounding. That grounding best comes from knowing who you are in a rich sense, so that as things change, you know what your resources are and what you can bring to a situation.‘ That way, you don’t have to worry, ‘Am I capable of doing this?’ You already know the answer.“ (Aus: Curis Sittenfeld: The most creative man in Silicon Valley. )

Zusätzliche Links und Literatur

Michael Ray: Who is my self? What is my work?

Otto Scharmer: Presencing. Der blinde Fleck in Führung und Management. Grundlagen für eine Soziale Technologie der Freiheit. In: Trigon Themen 2/02, S. 10 – 11. Aus: trigon.at. https://www.trigon.at/wp-content/uploads/2017/09/TT-02-2.pdf.

Curis Sittenfeld: The most creative man in Silicon Valley. Aus: fastcompany.com. 05-31-00. https://www.fastcompany.com/40613/most-creative-man-silicon-valley.

Hannses Piber: Presencing. Was ist neu am Neuen Lernen? In: TigonThemen 2/02. S. 4 – 6. Aus: www.trigon.at. https://www.trigon.at/wp-content/uploads/2017/09/TT-02-2.pdf.

 

 

  1.   Vgl. z. B. den MBTI – Myers-Briggs-Typen-Indikator oder den NEO-PI-R, einem Persönlichkeits-Inventar auf der Basis des Big Five-Persönlichkeitsmodells
  2.   Der VIA-IS Fragebogen misst 24 Charakterstärken, die zu 6 Tugenden gruppiert werden. Vgl. z. B. Fachrichtung Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik des Psychologischen Instituts der Universität Zürich: Charakterstärken, Eine Kurzbeschreibung der Tugenden und Stärken findet sich in:  Persönlichkeitspsychologie und Diagnostik: VIA-IS, eine Alternative ist der Gallup StrengthsFinder vgl.Official Gallup Clifton StrengthsFinder website  , vgl. auch den TypenTestBlog: Gallup StrengthsFinder   
  3.   unique selling point bzw. proposition, Alleinstellungsmerkmal. Es ist eine Outpacing-Strategie aus der Makreting-Theorie, die ein  einzigartige Verkaufs-Versprechen beschreibt, den Nutzen, den andere Produkte nicht aufweisen oder nicht für sich reklamieren. Der Begriff stammt von Rosser Reeves (Reality in Advertising, Alfred A. Knopf Inc., New York 1961), der mit diesem Instrument auch die Wahlkampagne von Dwight D. Eisenhower unterstützte.
  4.    Vgl. den Beitrag zum Golden-Circle-Modell von Simon Sinek
  5. vgl. den Beitrag zu:  Sinek: Finde Dein Warum.
  6.   Vgl. Curis Sittenfeld: The most creative man in Silicon Valley.

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