Archetypen 3 – Anima und Animus

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Bedeutung

„Yang allein kann nicht hervorbringen, Yin allein kann nicht wachsen.“
Quelle unbekannt

Die zwei Gesichter der Seele: Anima und Animus. Bild: von Lyraa Lanquia 2011 Anima e Animus

In der Psyche von Frauen und Männern sind sowohl weibliche als auch männliche Anteile enthalten. Jedes Geschlecht enthält also auch das andere in sich. C. G. Jung unterscheidet dazu in seiner Archetypenlehre Anima und Animus.

Die Anima kennzeichnet die weiblichen  Anteile in der Psyche des Mannes, die ‚innere Frau im Mann‘. Diese steht in der Polarität zum Animus, dem ‚inneren Mann in der Frau‘, den diese schwerpunktmäßig in der 2. Lebenshälfte als Ergänzung zu ihrer weiblichen Identität entwickelt.

Animus und Anima können als psychologische Anwendung des (philosophischen)  Yin-Yang-Prinzips verstanden werden.

 

 

 

Ausprägungen / Entwicklungsstufen von Anima und Animus

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Paul Gauguin: Contes barbares, Exotische Sagen (1902) Symbol für die Anima-Entwicklung auf Stufe 1

Animus und Anima existieren in unterschiedlichen Ausprägungen.  unterschiedlichen Entwicklungsstufen. Marie-Louise von Franz, eine bekannte Neo-Jungianerin, unterscheidet jeweils 4 Entwicklungsstufen von Anaima und Animus. 1

Bei der Anima sind z. B. vier Entwicklungsstufen analysiert worden 2:

  1. Eva, die Frau Adams, das Objekt männlicher Begierde
  2. Helena aus dem Trojanischen Krieg, das Objekt romantischen Werbens des Mannes, Cleopatra, romantische Schönheit
  3. Maria, die unbefleckte Mutter Jesu, das angebetete Objekt des Mannes, der Mutterarchetyp 3, spiritualisierter Eros
  4. Sophia, benannt nach dem griechischen Wort für Weisheit, die weise, integrierte und auch spirituelle weibliche Instanz des Mannes, Athena, Göttin der Weisheit, Mona Lisa

 

 

Ähnlich werden auch unterschiedliche Ausprägungen des Animus unterschieden,  z. B.

  1. Bildergebnis für tarzan weissmüller
    Tarzan als Symbol für Animus-Entwicklung auf Stufe 1 (Johnny Weismüller : Tarzan der Affenmensch, Film 1932)

    Krieger, Tarzan, Muskel-Mann, Sport-Held, Symbol für die physische Kraft),

  2. Held,  Mann der Tat, Geliebter, romantischer Mann, Symbol für Initiative und Tatkraft, aber auch Eros
  3. Mann des Wortes, z. B. Professor, Lehrer, Prediger. Symbol für geistige Größe, eventuell auch männliche Weisheit
  4. Mann, der Sinn vermittelt, Vermittler religiöser und schöpferischer innerer Erfahrungen, auch spiritueller Führer, Hermes, Symbol für männliche Spiritualität, „Gandhi“.

 

Projektionen

https://jeanraffa.files.wordpress.com/2015/12/hqdefault.jpgAnimus und Anima enthalten dunkle und helle Seiten und sind meist unbewusst und werden häufig (auf das andere Geschlecht) projiziert. Der Mann projiziert dann sein unbewusstes Frauenbild auf die Frau / Partnerin, …, die Frau ihr unbewusstes Männerbild in den Mann / Partner, Geliebter, …

Picture
Die dunklen Aspekte von Anima und Animus: Johfra Bosschart (‚psychologischer und mytholgischer niederländischer Maler): Animus en anima. 1972. (Johfra Museum)

In Zeiten einer positiven Beziehung, vor allem bei Verliebtheit, wird vor allem der helle Teil, die helle Seite von Anima oder Animus übertragen (die/der innere Geliebte/r, die bewundernswerte, tolle Person). in Zeiten der Beziehungskrise der dunkle Teil (der innere Tyrann, die innere Hexe, Hure, …). Peter Schellenbaum nennt diesen Projektionsprozess „Leitbildspie  gelung“: Bin ich verliebt, dann aktiviere ich als Mann die positiven Seiten des Weiblichen in mir und du spiegelst mir dieses positiven Seiten, das positive Bild. Auf Dauer ist dies für eine Beziehung gefährlich, da ich nicht sehe, wie du wirklich bist, sondern nur meinen inneren Zustand  auf dich projiziere. 4.

 

 

 

Individuation

Die Anima als Symbol der Erlösung: Dante & Beatrix, seine Seelenführerin in der Göttlichen Komödie (Anima), Darstellung aus dem 14. Jhd.5

Die  Auseinandersetzung und Bewusstmachung von Animus und Anima stellen wichtige Teile des Entwicklungsprozesses des Menschen dar.  Im Ansatz der Analytischen Psychologie von C. G. Jung wird dies „Individuationsprozesses“ genannt, der Prozess des Menschen zu seinem authentischen Selbst.

 

 

 

 

 

 

Anima und Persona im psychischen System des Mannes (nach Aniela Jaffé)6

Die Anima wird im Individuations-Prozess auch die ‚Seelenführerin‘ genannt.

Querverweise

Zusätzliche Literatur

Jolande Jacobi: Die Psychologie von C. G. Jung. Eine Einführung in das Gesamtwerk. Patmos-Verlag 2012. (Rascher 1945, 1949, Fischer 1977, Walter 1978.)

o. A.: Anima-Animus. Aus: spektrum.de. https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/anima-animus/983.

o. A.: Anima und Animus. Aus de.wikipedia.org. https://de.wikipedia.org/wiki/Animus_und_Anima.

o. A.: Archetypen. Aus: de.spiritualwiki.org. https://de.spiritualwiki.org/Wiki/Archetypen.

 

Radowl: Understanding anima. The woman in every man. Aus: dreams123.net. https://dreams123.net/anima/.

  1. vgl. Franz, Der Individuationsprozess, S. 177 ff. in C. G. Jung 2015
  2. vgl. auch Anima and Animus
  3. Zum Mutterarchetyp vgl. Hingst 2013
  4. vgl. Neidhart 2011
  5.   Vgl. auch das Bild „Dante and Beatrice“ des britischen Malers Henry Holiday, 1883 
  6.   frei angelehnt an: Jolande Jacobi: Die Psychologie von C. G. Jung. S. 37.   

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